Wenn ihr abends regelmäßig die Tagesschau einschaltet, sind euch die Europäische Zentralbank und ihr Chef Mario Draghi sicher ein Begriff. Aber was macht eine Zentralbank überhaupt? Und warum sind ihre Entscheidungen für Anleger und Sparer so wichtig? Das Finanz-ABC hilft weiter.
Was ist eine Zentralbank?
Wirf doch mal einen Blick in deinen Geldbeutel und stelle dir die Frage: Woher kommt eigentlich das Geld? Klar, es ist im Laufe der Zeit durch viele Hände gegangen. Aber ursprünglich stammt jede Münze und jeder Schein von einer Zentralbank. Denn nur sie hat als staatliche Institution das Recht, Geld zu drucken und als offizielle Währung herauszugeben. Die Zentralbank verleiht das Geld dann an Geschäftsbanken, die es wiederum in Form von Bargeld oder Krediten an ihre Kunden weitergeben.
Doch die Zentralbank ist viel mehr als nur die Ursprungsquelle des Geldes. Sie stellt mit ihren geldpolitischen Entscheidungen ebenfalls die Weichen für die gesamte volkswirtschaftliche Entwicklung von Staaten. Das wichtigste Instrument ist hierbei der Leitzins. Er bestimmt, zu welchem Preis sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank Geld leihen können. Wenn die Zentralbank die Konjunktur beleben will, senkt sie ihren Leitzins. In der Theorie geben die Geschäftsbanken das billige Geld dann zu günstigen Konditionen weiter an Investoren und Unternehmen weiter. Die Wirtschaft wächst. Beobachtet die Zentralbank jedoch, dass die Geldmenge zu groß wird, erhöht sie den Leitzins, um die Gefahr einer Inflation einzudämmen. Die Preise für Sparer und Verbraucher bleiben stabil.
Ihr könnt euch die Zentralbank in diesem Sinne als Schleusenwächter eines Staudammes vorstellen. Wenn das Land unter dem Damm unter Dürre leidet, öffnet sie die Schleusen. Wenn bereits Wasser im Überfluss vorhanden ist, hält sie die Schotten geschlossen.
EZB – die europäische Zentralbank
Im Euro-Währungsraum entscheidet die Europäische Zentralbank über die Geldpolitik. Sie sitzt in Frankfurt am Main; ihr Chef ist der 70-jährige Italiener Mario Draghi. Sie wurde 1998 im Zuge der Euro-Einführung gegründet, um über die gemeinsame Währung zu wachen. Die EZB ist eine unabhängige Institution, das heißt sie ist nicht direkt an die Weisungen von Regierungen gebunden.
Von hier aus stellt Mario Draghi die Weichen für den Euro: Die Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main.
Das oberste Ziel der EZB lautet Preisstabilität. Für die deutsche Politik war dieses Mandat eine wichtige Bedingung für den Euro-Beitritt der Bundesrepublik. Denn in Deutschland ist die Angst vor einer ausufernden Inflation historisch begründet sehr hoch, während die Länder im Süden Europas in der Vergangenheit nur zu gerne mehr Geld druckten, um ihre Währungen zu entwerten. Nun muss die EZB eine Geldpolitik betreiben, die für alle Länder im Euro-Raum passt. „One size fits all“ heißt dieses Prinzip.
Die umstrittene Geldpolitik der EZB
Während die die US-amerikanische Zentralbank Fed mittlerweile eine Zinswende eingeleitet hat, hält die EZB ihren Leitzins seit mehreren Jahren auf null Prozent. Durch die niedrigen Zinsen sollen die Banken dazu angehalten werden, Kredite zu vergeben. Gleichzeitig flutet Mario Draghi durch den Ankauf von Staatsanleihen den Markt mit Geld. Damit will die EZB die Folgen der Finanz- und Schuldenkrise in Europa bekämpfen.
Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass die Banken auch auf die Konten von Sparern kaum noch Zinsen auszahlen. Sparbuch, Tagesgeld oder Festgeld sind in diesen Tagen daher kaum noch zur Geldanlage geeignet. Und noch schlimmer: Weil die Inflation in Europa bei 1,5 Prozent liegt, verringert sich das Vermögen auf dem Bankkonto tatsächlich, weil der Verlust durch die Geldentwertung höher ist als der Ertrag durch Zinsen. Im Prinzip findet im Moment im Euroraum also eine schleichende Enteignung von Sparern statt.
Wenn ihr also das nächste Mal in der Tagesschau von der EZB hört, schaltet nicht gleich ab. Denn was in Frankfurt entschieden wird, betrifft auch euer Geld.