Die Börse ist aktuell in aller Munde. Die Verlockung ist groß: Einfach ein Depot eröffnen und deinem Geld beim Wachsen zusehen. Wenn die Aktie gerade hochsteht, verkaufst du einfach wieder und streichst deinen Gewinn ein. Aber Vorsicht: Ganz so einfach ist es doch nicht. Auch an der Börse kommst du nicht um Steuern umher. Wundere dich also nicht, wenn dir auf dein Konto letztendlich weniger ausbezahlt wird, als du eigentlich verdient hast. Informiere dich daher vorher, welche Regeln du beachten musst und wie du deine Steuerlast minimieren kannst. Frage im Zweifel immer einen Steuerberater um Rat. Wissenswertes zum Thema Wertpapiere versteuern erfährst du hier.
Warum zahle ich Steuern?
In fast allen Ländern der Welt zahlen die Bürger eine Einkommenssteuer. Erträge, die du durch deine Wertpapiere erhältst, können wie ein zweites Einkommen betrachtet werden. Diese Gewinne werden als sogenannte „Kapitalerträge” bezeichnet. Dabei arbeitest jedoch nicht du für einen Lohn, sondern deine Kapitalanlagen arbeiten für dich. Um dieses „Einkommen” zu versteuern, besteht in Deutschland die sogenannte Kapitalertragssteuer, heutzutage als Abgeltungssteuer bezeichnet. Diese Steuer musst du auf alle Gewinne zahlen, die du durch deine Anlagen realisiert hast – also Zinsen beim Sparkonto, Kursgewinne und Dividendenerträge durch Wertpapiere.
Abgeltungssteuer genauer erklärt
Die Abgeltungssteuer geht aus der Kapitalertragssteuer hervor. Grundsätzlich änderten sich dadurch zwei Dinge, wodurch die Besteuerung übersichtlicher und der Prozess vereinfacht wurden:
- Ursprünglich existierten steuerpflichtige und steuerfreie Kapitalerträge. Zudem wurden für unterschiedliche Kapitalerträge unterschiedlich hohe Steuern verlangt. Seit der Einführung der Abgeltungssteuer 2009 zahlen nun alle einen einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent der Abgeltungssteuer) und gegebenenfalls Kirchensteuer (acht bis neun Prozent der Abgeltungssteuer) auf ihre realisierten Kapitalerträge. Falls du dich nun wunderst, liegst du richtig: Der Soli wurde 2021 für die Einkommenssteuer der meisten Menschen abgeschafft, nicht aber für Geschäfte mit Wertpapieren. Addierst du nun die einzelnen Steuern, ergibt sich insgesamt eine Steuerlast von rund 26 bis 28 Prozent auf deine Gewinne. Zwischen den einzelnen Bundesländern kann es aufgrund der Kirchensteuer zu geringen Abweichungen kommen. Die Information, ob du Kirchenmitglied bist oder nicht, erhalten die Banken seit Januar 2015 automatisch vom Bundeszentralamt für Steuern.
Kleine Info am Rande: Anleger, die Aktien vor 2009 gekauft hatten und sie jetzt verkaufen, müssen keine Steuern auf ihre Gewinne zahlen. Denn: Bis zum Jahr 2009 existierte keine Abgeltungssteuer, Anleger, die nun über sogenannte „Altbestände“ verfügen, können von diesem Umstand noch profitieren.
Weitere Änderungen durch die Abgeltungssteuer
- Du musst deine einzelnen Kapitalerträge nicht mehr in der Einkommenssteuererklärung angeben, denn die Abgeltungssteuer ist eine sogenannte „Quellsteuer”. Bedeutet: Die Steuer wird direkt an der Quelle einbehalten. Diese Aufgabe übernimmt dein Kreditinstitut als „Quelle deiner Kursgewinne“ automatisch. Jedes Jahr erhältst du deshalb eine Übersicht deiner Bank über deine Kapitalerträge und die daraus resultierenden Steuern. Bei der Abrechnung werden deine realisierten Gewinne mit deinen realisierten Verlusten verrechnet. Von der Differenz gehen schließlich die Steuern ab. Heißt: Hast du mit einer Aktie viel Gewinn gemacht, musst du nicht automatisch viele Steuern zahlen, wenn du gleichzeitig mit einer anderen Aktie hohe Verluste kassiert hast. Viele verkaufen daher verlustreiche Aktien absichtlich, um ihre Gewinne dadurch zu reduzieren und keine oder weniger Steuern zu zahlen. Behältst du deine Aktien einfach weiter im Depot und verkaufst nicht, fallen keine Steuern an.
- Aber Vorsicht: 2019 gab es eine Gesetzesänderung, die sich auf Termingeschäfte auswirkt. Dabei handelt es sich um Verträge, die du bereits abgeschlossen hast, deren Erfüllung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Optionsgeschäfte wären ein Beispiel hierfür. Solltest du Termingeschäften nachgehen, darfst du nur noch Verluste von maximal 10.000 Euro im Jahr verrechnen lassen. Diese werden zudem nur mit Gewinnen aus gleichartigen Termingeschäften desselben Jahres verrechnet. Anhand eines einfachen Beispiels lässt sich das gut nachvollziehen: Du hast in einem Jahr 50.000 Euro Gewinn mit Termingeschäften gemacht, gleichzeitig aber mit anderen Termingeschäften einen Verlust von 20.000 Euro. Nach den alten Regelungen müsstest du nun nur die Differenz von 30.000 Euro (50.000 – 20.000 = 30.000) versteuern. Da die neue Regelung aber nur Verluste bis maximal 10.000 Euro miteinbeziehen, musst du also 40.000 Euro (50.000 – 10.000 = 40.000) versteuern.
Und es kommt noch schlimmer: Drehen wir die Zahlen einmal um. Angenommen, du hast in einem Jahr mit Termingeschäften 30.000 Euro Gewinn, und mit anderen Termingeschäften 50.000 Euro Verlust gemacht. Du darfst wieder nur 10.000 Euro Verlust anrechnen. Heißt: Du zahlst auf 20.000 Euro (30.000 – 10.000 = 20.000) Steuern. Nach den alten Regelungen hätte der Verlust deinen Gewinn sogar mehr als ausgeglichen, sodass du gar keine Steuern gezahlt hättest. Nun zahlst du Steuern und hast obendrein noch Verlust gemacht.
Die Möglichkeit, deine Steuern zu minimieren
Die gute Nachricht: Es existiert der sogenannte „Freibetrag“ oder auch „Sparerpauschbetrag“. Dieser beträgt jährlich für Singles 801 Euro und für Verheiratete das Doppelte, also 1602 Euro. Bedeutet: Hast du in einem Jahr einen Gewinn von bis zu 801, beziehungsweise 1602 Euro eingefahren, ist dieser steuerfrei. Alles darüber hinaus musst du ganz normal versteuern. Bedingung für den Steuererlass: Du musst bei deinem Kreditinstitut einen Freistellungsauftrag einräumen. Tust du das nicht, zahlst du ganz normal deine Steuern. Aber keine Sorge, auch wenn du einmal vergessen hast, deinen Auftrag einzuräumen, ist dein Geld nicht verloren. Über die Steuererklärung kannst du dir die zu viel gezahlten Steuern ganz einfach wieder zurückholen.
Hierfür musst du in deiner Steuererklärung die Anlage KAP ausfüllen. Führe deine erzielten Kapitalerträge auf und du bekommst die zu viel gezahlte Steuer zurück. Die KAP ist ebenfalls notwendig, wenn du über ein Depot einer ausländischen Bank verfügst. Denn diese führt deine Steuern nicht automatisch an das deutsche Finanzamt ab, weshalb du dich selbst darum kümmern musst.
Eine Ausnahme für den Freibetrag gibt es: Liegt dein Einkommen unterhalb des Freibetrags, also 801 Euro, gibt es die Option einer Nichtveranlagungsbescheinigung. Diese befreit dich von Steuerzahlungen, auch wenn deine Gewinne die Grenze von 801 Euro übersteigen. Gerade als Student solltest du diese Option nicht außer Acht lassen.
Versteuerung variiert zwischen Anlageklassen
Wertpapier ist natürlich nicht gleich Wertpapier. Auch hierbei gibt es Unterschiede bei der Versteuerung. Hier haben wir dir einmal die gängigsten Anlageprodukte zusammengestellt:
- Bankeinlagen: Hierbei greift die Abgeltungssteuer wie oben erklärt. Hast du also Zinsen auf deinem Sparkonto aufgebaut, werden diese mit einem Steuersatz von rund 26 bis 28 Prozent versteuert. Doch auch hier steht dir der Sparerpauschbetrag zu. Steuern auf Zinsgewinne, die über diesem Freibetrag liegen, führt deine Bank automatisch an das Finanzamt ab.
- Aktien: Dividenden und realisierte Kursgewinne werden durch die Abgeltungssteuer versteuert. Die Haltedauer der einzelnen Aktien ist dabei nicht ausschlaggebend. Aber wie bereits erklärt, werden Gewinne und Verluste miteinander verrechnet – was durchaus von Vorteil sein kann.
- ETFs: Wer sein Geld lieber in börsengehandelte Indexfonds (ETFs) investiert, kommt leider auch nicht um Steuern umher. Auch hier greift die Abgeltungssteuer, deine Depotbank führt die Steuer also direkt an das deutsche Finanzamt ab. Dabei ist die Steuerlast für alle ETFs grundsätzlich gleich, unabhängig von der Ausschüttungsart, der Replikationsmethode oder dem Fondsdomizil.
Aber Vorsicht: Seit der Investmentreform 2018, sind auch ETFs, die du vor 2009 gekauft hast, zu versteuern. Dir steht allerdings ein Freibetrag von 100.000 Euro zur Verfügung, du musst also nur Erträge darüber versteuern. Auch bei ETFs greift der Sparerpauschbetrag, vergiss also nicht deinen Freistellungsauftrag zu erstellen.
Lass dich von Steuern nicht einschüchtern
Hast du dir nun einen Überblick über die aktuell gültigen Steuerregelungen verschafft, so liegt die Betonung doch auf dem Wort „aktuell”. Die Regelungen können sich durchaus immer wieder ändern – und das nicht immer zu deinem Vorteil. Falls du also von Steuerreformen für Wertpapiergeschäfte erfährst, solltest du dich gut über etwaige Neuerungen informieren. Bevor du dich nun aber aus Angst vor hohen Steuern lieber doch nicht an die Börse heranwagst – stopp! Aufgrund der aktuellen Inflation verliert dein Geld jedes Jahr beträchtlich an Wert. Daher ist es empfehlenswert, in Aktien oder ETFs zu investieren. Denn: Auch mit Steuerzahlungen kannst du dadurch immer noch mehr Geld „erwirtschaften” als wenn du es einfach auf deinem Konto liegen lässt. Also, worauf wartest du noch?
Autorin: Verena Sepp
Fotoquelle: Photo by Amol Tyagi on Unsplash