Wasserstoff gilt als der Energieträger der Zukunft. Für Klimaneutralität ist er unverzichtbar, dennoch crashen seit 2021 die entsprechenden Aktien. Doch jetzt sieht es nach einer Bodenbildung aus. Welche Wasserstoff-Aktien kann man jetzt kaufen?

Das Wichtigste auf einen Blick

  1. Ohne Wasserstoff als Energieträger ist die Energiewende kaum machbar
  2. Wasserstoff-Aktien sind 2021 gecrasht, weil zu viel Euphorie im Markt war
  3. Wasserstoff hat als Investment trotzdem großes Potenzial
  4. Vorsicht: Einzelne Wasserstoff-Aktien sind sehr risikoreich. ETFs bieten eine breite Mischung
  5. Vier spannende Wasserstoff-Aktien im Überblick
Matthias Dworak

Matthias Dworak

Kleingeldhelden Experte für Geldanlage

Schaut man sich die Entwicklung vieler Wasserstoff-Aktien im letzten Jahr an, werden Erinnerungen an den Aufstieg und Fall der deutschen Solaraktien wach. Einst wurden Unternehmen wie Solarworld und Centrosolar gehypt, doch die Dumpingpreise der chinesischen Konkurrenz führten zu ihrem Niedergang.

Das Thema Wasserstoff wurde 2020 ähnlich gehypt. . Die Bundesregierung verabschiedete im Jahr 2020 die nationale Wasserstoff-Strategie (NWS). Grüner Wasserstoff soll in Zukunft neben Kraftfahrzeugen auch Privathaushalte und sogar die Industrie in Zukunft zuverlässig und sauber mit Energie versorgen – vorausgesetzt natürlich, die nötigen Kapazitäten und die Infrastruktur werden erst noch geschaffen.

Genau hier liegt der Hund begraben: Die Pläne und Ankündigungen sowohl der Politik als auch der Unternehmen erwiesen sich überambitioniert. Die Folge: Seit Anfang 2021 bescherten die hochgejubelten H2-Aktien Anlegern vor allem eins: horrende Verluste.

Wird die Bedeutung von Wasserstoff für die Energiewende überschätzt?

Deutschland plant, seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, während die EU den CO2-Ausstoß bis dahin um mindestens 55 Prozent reduzieren will. Langfristig strebt Deutschland sogar eine Reduktion von 88 Prozent bis 2040 an. Aber warum ist Wasserstoff so wichtig für die grüne Energiewende?

Ganz einfach: Das Element eignet sich hervorragend als Energiespeicher. Energie, die mittels Strom aus Wasser gewonnen wird, lässt sich in Form von Wasserstoff speichern, transportieren und anschließend überall durch Brennstoffzellen wieder in elektrischen Strom zurückwandeln und nutzen – und das ohne, dass Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen wird. Wasserstoff ist also tatsächlich unverzichtbar für die Energiewende. Denn Wasserstoff noch einen weiteren großen Vorteil, er kann fossile Energieträger mit vergleichsweise wenig Aufwand ersetzen.

Vielfältige Einsatzgebiete für Wasserstoff

Wasserstoff kann fossile Energieträger in verschiedenen Bereichen ersetzen. Er kann leicht transportiert werden und beispielsweise modernen Gaskraftwerke antreiben und somit die Grundlastfähigkeit unserer Stromnetze gewährleisten. Wasserstoff kann auch in der Industrie, zum Beispiel in der Stahlproduktion oder in der Chemiebranche, vergleichsweise unkompliziert Öl und Gas ersetzen. 

Eine weitere wichtige Anwendung sind Brennstoffzellen. Diese wandeln Wasserstoff und Luft in Abwärme und Wasserdampf sowie Strom um. Ein deutsches Unternehmen, SFC Energy, mit Sitz in Brunnthal bei München, stellt solche Brennstoffzellen her. Sie können beispielsweise alternativ zu Dieselgeneratoren eingesetzt werden. Die Brennstoffzellen werden aktuell in Projekten der kritischen Infrastruktur, der netzfernen Stromversorgung zum Beispiel für Wohnmobile oder Jachten sowie für das Militär und als Bordstromversorgung etwa bei Rettungsdiensten eingesetzt. 

Auch bei der Dekarbonisierung der Schifffahrt und im Flugverkehr dürfte Wasserstoff in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen.

Gigantisches Potenzial

Kein Wunder also, dass Experten dem Markt für grünen Wasserstoff enormes Wachstum bescheinigen. Bis 2050 sollen 2 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen und der weltweite Umsatz auf 1,4 Billionen Dollar im Jahr steigen. Zum Vergleich. Das ist grob so viel, wie Deutschland pro Jahr insgesamt an Staatseinnahmen erzielt.

Technologische Herausforderungen bei der Wasserstoffproduktion

Um klimaneutralen Wasserstoff zu produzieren, müsste Wasser durch Elektrolyse mit sauberem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt werden. Dies ist jedoch mit großen Mengen an „sauberem“ Strom und hohen Kosten verbunden. Einfach gesagt: Grüner Wasserstoff rechnet sich bislang wirtschaftlich überhaupt nicht.

Auf Subventionen angewiesen

Um den Aufbau von Produktionskapazitäten und Infrastruktur voranzutreiben, müssen erst Milliarden von Steuermitteln als Subventionen fließen. Das passiert zwar, der Weg ist allerdings noch weit. Weltweit bis 2030 bei grünem Wasserstoff Produktionskapazitäten vom 38 Millionen Tonnen pro Jahr angekündigt, allerdings gibt es aktuell erst Produktionskapazitäten für weniger als eine Million Tonnen grünen Wasserstoff. Die USA haben immerhin das Subventionsprogramm Inflation Reduction Act (IRA) für den Ausbau der grünen Industrie eingeführt, während die EU 5,2 Milliarden Euro staatliche Beihilfen für 35 Wasserstoffprojekte genehmigt hat. 

Chancen und Risiken

Wasserstoff-Aktien sind allerdings auch sehr riskant. Die Unternehmen sind meist noch klein und risikoanfällig. Das gilt beispielsweise für Powercell aus Schweden oder auch SFC Energy. Dafür sind die Chancen auch entsprechend groß. Für alle Anleger, die über genug Risikotoleranz verfügen und auf diesen Zukunftsmarkt setzen möchten, kann die Branche daher eine interessante Beimischung im Portfolio sein. Wobei eine Mischung mehrerer Werte bei einem Investment in Wasserstoff sicherlich eine sinnvolle Lösung ist.

Wasserstoff-ETFs 

Eine vergleichsweise breite Streuung bietet beispielsweise der Hydrogen Energy ETF von L&G (WKN/ISIN: A2QMAL/IE00BMYDM794). Ein anderes Beispiel ist der VanEck Hydrogen Economy ETF (ISIN:IE00BMDH1538/WKN:A2QMWR)

Spannende Einzelaktien

SFC Energy: Bayerischer Nischenchampion

Das Unternehmen: SFC Energy (ISIN: DE0007568578)  hat sich auf die Herstellung von Wasserstoff- und Methanol-Brennstoffzellen spezialisiert. Sie ermöglichen stationäre oder mobile Hybrid-Stromversorgung. Neben dem Bereich Clean Energy agiert SFC Energy auch im Clean Power Management.

Das Unternehmen aus Brunnthal bei München erzielte 2022 einen Umsatz von 85,2 Millionen Euro. Die Verkäufe sind um 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen und es wird ein weiterer Anstieg erwartet.

Durch innovative Brennstoffzellen-Lösungen sowie Produkte im Clean Power Management sehen Experten viel Wachstumspotenzial. Der erwartete Umsatz wird für 2025 auf rund 229 Millionen Euro geschätzt – rund zweieinhalbmal mehr als im Jahr 2022. Das operative Ergebnis soll sogar um das Viereinhalbfache auf 37,5 Millionen Euro klettern.

Nucera: Erfolgreich an die Börse

Nucera (ISIN: DE000NCA0001), eine Thyssenkrupp-Tochter, ist erst kürzlich an die Börse gegangen. Der Ausgabepreis lag bei 20 Euro je Aktie, aber die Aktien erreichten bereits einen Spitzenwert von über 25 Euro. Das Unternehmen wurde mit einer Marktkapitalisierung von 2,5 Milliarden Euro bewertet, aber Analysten sehen Potenzial für einen Wert von bis zu 3,5 Milliarden Euro innerhalb von 18 Monaten. Bisherige Kunden sind unter anderem H2 Green Steel, Shell und Air Products aus Saudi-Arabien. Letzteres plant eines der größten Projekte für grünen Wasserstoff weltweit. Es gibt eine hohe Nachfrage nach den Produkten von Nucera, und das Unternehmen hat kürzlich eine weitere Reservierungsvereinbarung für ein Projekt in Nordamerika bekannt gegeben. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2022/23 konnte Nucera den Umsatz gleich mal um satte 74 Prozent.

NEL: Turnaround möglich

Nel (ISIN: NO0010081235), ein Hersteller von Elektrolyseuren und Betreiber von Wasserstoff-Tankstellen, hat seit Anfang 2021 eine enttäuschende Kursentwicklung erlebt. Der Aktienkurs hat sich etwa gedrittelt, jedoch hat sich der Kurs seit Anfang 2022 stabilisiert und ist nie unter einen Euro gefallen. In den ersten drei Monaten des Jahres konnte Nel den Umsatz um fast 70 Prozent auf 359 Millionen norwegische Kronen steigern, während der Auftragseingang sich mehr als verdoppelt hat. Der hohe Auftragsbestand von 2,9 Milliarden Kronen sichert die Produktion für rund zwei Jahre, selbst ohne neue Aufträge. Trotzdem schreibt Nel weiterhin Verluste, mit einem Verlust von 192 Millionen Kronen in den ersten drei Monaten des Jahres 2023. Jedoch verfügt das Unternehmen Ende März über ausreichende 4,6 Milliarden Kronen an Barmitteln, wobei 1,6 Milliarden Kronen aus einer Kapitalerhöhung stammen.

Cummins: Stabiles Wachstum

Der amerikanische Konzern Cummins (ISIN: US2310211063) sieht insbesondere bei mittleren und schweren Lkws eine wachsende Bedeutung von Wasserstoff-Verbrennungs-Motoren. Zusätzlich produziert das Unternehmen stationäre Stromspeicher und Elektrolyseure. Die Kunden kommen aus verschiedenen Branchen wie Industrie, Einzelhandel, Telekommunikation, Öl und Gas sowie dem Gesundheitswesen und Rechenzentren. Cummins hat kürzlich den 19-prozentigen Anteil von Air Liquide an Hydrogenics übernommen, einem Spezialisten für Brennstoffzellen und Elektrolyseure. Der Großteil des Umsatzes von Cummins, 60 Prozent, wird in Nordamerika, hauptsächlich den USA und Kanada, erwirtschaftet. Weitere wichtige Absatzmärkte sind Europa, Südamerika, China und die asiatisch-pazifische Region. 

Disclaimer: Dieser Beitrag ist eine journalistische Publikation und dient ausschließlich Informations- und Unterhaltungszwecken. Es findet keine Anlageberatung statt. Der Beitrag stellt auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf einer Aktie, eines Wertpapiers oder einer sonstigen Anlage dar. Jeder Anleger ist an dieser Stelle dazu aufgefordert, sich seine eigenen Gedanken zu machen, bevor eine Investitionsentscheidung trifft.