Lange beschäftigten Anleger und Sparer die Niedrigzinsen. Nun deutet sich eine Trendwende an. Denn vereinzelt steigen die Zinsen wieder. Doch wie nachhaltig ist diese Entwicklung und worauf sollten Anleger und Sparer jetzt achten? Wir zeigen, worauf man bei den Zinsen 2022 achten sollte.
Steigen die Zinsen 2022?
Nun, seit Jahren, beziehungsweise bereits seit Jahrzehnten, sinken die Zinsen. Als Messgröße dafür nimmt man meistens den Kapitalmarktzins her. Dieser entspricht oft den Renditen von zehnjährigen Staatsanleihen. Die Zinsen, welche du dann eventuell auf dem Sparbuch oder Konto bekommst, können sich leicht davon unterscheiden. Doch grundsätzlich sind sie ähnlich und entwickeln sich auch ähnlich. In der folgenden Grafik siehst du mal, was mit den Kapitalmarktzinsen in den vergangenen Jahrzehnten passiert ist.

Stellen wir daneben die Inflation, so sehen wir, dass die Zinsen vermutlich zu niedrig sind. Denn normalerweise steuern die Zentralbanken, die ja für die Höhe der Zinsen und der Inflation zuständig sind, gegen. Sie wollen am besten eine Inflation von knapp unter zwei Prozent. Denn dieser Wert soll für das Wirtschaftswachstum am besten sein. Aber die Inflation sieht aktuell so aus:

Lange verblieb die Inflation um den Wert von zwei Prozent, doch in 2021 ging es deutlich nach oben und 2022 könnte es so weiter gehen. Wir sehen aber auch noch etwas anderes. Lange Zeit waren die Realzinsen (Kapitalmarktzins minus Inflation) positiv. Bedeutet: Legte man sein Geld zum Kapitalmarktzins an, etwa in Staatsanleihen oder auf dem Sparbuch, so erwirtschaftete man dennoch mehr Geld, als die Inflation wegfraß. In den vergangenen Jahren war dieser Realzins aber schon negativ, obwohl die Inflation recht gering war. Für Sparer wird es jetzt aber noch bitterer: Der Realzins wird immer negativer, weil die Inflation bei gleichzeitig niedrigen Zinsen ansteigt.
Weil die Inflation nun so hoch ist, will die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen langsam erhöhen. Wir sprechen hier noch nicht von wahnsinnig hohen Raten. Doch eine Zinswende könnte eingeläutet werden.
Obwohl die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen also bald erhöhen will, sträubt sich die EZB dagegen. In der Eurozone ist die Inflation noch nicht ganz so hoch und zahlreiche Länder haben sich derart hoch verschuldet, dass sie eigentlich nur noch mit sehr niedrigen Zinsen leben können. Steigen nämlich die Zinsen, so werden die Kredite, die diese Länder zurückzahlen müssen, deutlich teurer. Dennoch sieht es so aus, als ob die Zinsen global leicht steigen könnten. Sie werden vorerst nicht zu hoch ausfallen, aber der Finanzmarkt dürfte sich dennoch ändern. Was können Sparer und Anleger mit den Zinsen 2022 also tun?
Was können Sparer tun?
Die folgende Grafik zeigt nochmal übersichtlich, wie sich der Realzins in Deutschland entwickelt hat. Dies betrifft natürlich alle Menschen, und auch Anleger. Aber die Sparer doch am meisten, legen Anleger doch oft Geld in Aktien und Co. an und erwirtschaften damit meistens eine höhere Rendite als der Kapitalmarktzins.

Seit dem Jahr 2002 gibt es praktisch keinen realen Zins mehr, weil die Inflation die Kapitalmarktzinsen auffrisst. Wer sein Geld nicht gewinnbringend anlegt, der verliert seit 2002 zunehmend an Kaufkraft. Bedeutet: Für das gleiche Geld kann man sich immer weniger leisten. Oder: Für den gewohnten Lebensstandard muss man immer mehr Geld bezahlen.
Besonders drastisch ist natürlich die Entwicklung in 2021. Man braucht jetzt nicht in Panik auszubrechen, denn diese Entwicklung kann sich auch mal wieder ändern. Doch wer sich den Chart anschaut, der sieht, dass der Abwärtstrend schon seit 1995 anhält. Wieso sollte sich das jetzt auf einmal ändern? Eine Trendumkehr könnte Jahre dauern.
Für Sparer ist es also sehr wichtig, wenigstens die Realzinsen bei 0 Prozent zu halten, damit man nicht ärmer wird. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn welche Sparanlagen bringen denn heute schon mehr als 0,5 Prozent pro Jahr? Dennoch muss man nicht sofort an die Börse strömen, wenn man das für zu riskant hält. Auch mit P2P-Krediten, Immobilien oder Mischfonds, die wenig Risiko mit sich bringen, kann man den Realzins wenigstens auf die Schwelle von 0 Prozent bringen. Doch das sollte man auf jeden Fall tun.
Wenn die Zinsen 2022 nun auch noch beginnen zu steigen, dann könnten sich gewisse Sparprodukte wie Festgeld oder Tagesgeld wenigstens wieder ein bisschen lohnen. Das Problem: Aktuell beginnen erstmal die Amerikaner damit, ihre Zinsen anzuheben. Die Europäische Zentralbank EZB hat noch nicht signalisiert, dies auch in Europa zu tun. Solange dies nicht geschieht, könnten die Zinsen marginal ansteigen, mehr aber auch nicht. Bleibt die Inflation weiter hoch, so bleibt Sparern vermutlich nur, sich doch an die Börse zu wagen oder den negativen Realzins einfach zu schlucken und jedes Jahr etwas weniger Kaufkraft zur Verfügung zu haben.
Was können Anleger tun?
Für Anleger bedeuten steigende Zinsen 2022 vor allem erstmal, dass die Börsen unter Druck geraten. Grundsätzlich haben Anleger weniger Probleme mit negativen Realzinsen, weil die Erträge, welche regelmäßig in Höhe von rund sieben bis acht Prozent pro Jahr locker an der Börse erwirtschaftet werden können, den Realzins locker ins positive heben. Alleine schon der Deutsche Aktienindex (DAX) bringt Anlegern durchschnittlich seit Jahrzehnten 7,7 Prozent Rendite pro Jahr. Und dabei ist er noch nicht einmal einer der besten Indizes und gar nicht mal so riskant. Es geht also auch durchaus noch mehr.
Doch steigende Zinsen 2022 sorgen dafür, dass die Bewertungen der Aktien etwas schwächer ausfällt. Warum ist das so? Aktien stellt man auch immer ins Verhältnis zu anderen Anlageklassen. Sollten nun Anleihen und auch irgendwann Sparprodukte wieder attraktiver werden, so könnten Aktien mehr unter Verkaufsdruck stehen. Auch weil die Aktienmärkte in den vergangenen Jahren sehr gut gelaufen sind, könnte es zu Korrekturen kommen. Dies bedeutet freilich nicht, dass Aktien auf einmal out sind. Das wird so schnell nicht passieren, denn die Zinsen können vermutlich gar nicht allzu stark angehoben werden, außer dass es zu Verwerfungen am Aktienmarkt und bei den Staatschulden kommt.
Anleger können daher folgendes tun: Aktuell kann man schauen, ob man sein Depot stabil aufgestellt hat. Sehr riskante Aktien und Anlageklassen könnte man auf den Prüfstand stellen: Halten diese Geschäftsmodelle und Wachstumsaussichten an? Spekuliert man hier nur oder steckt wirklich viel Substanz dahinter? Es kann sein, dass jetzt eine Zeit anbricht, in der nicht einfach immer alles nur steigt, so wie man es nach dem Corona-Crash aus dem März 2020 gewohnt war. Es kann sein, dass Anleger gezielter sehr gute Unternehmen und Anlageklassen suchen müssen. Die Zinsen 2022 könnten Aktien also etwas mehr unter Druck setzen. Aber die steigenden Zinsen können auch eine Chance für Anleger sein, wenn es nämlich wieder attraktive Alternativen zu Aktien gibt. So kann man das Risiko noch etwas besser verteilen und auf verschiedene Arten am Kapitalmarkt Geld verdienen.
Fazit zu: Steigen die Zinsen 2022?
In diesem Jahr könnten die Zinsen auf jeden Fall wieder etwas steigen. Zumindest in den USA deutet sich eine leichte Trendwende an. Ob die amerikanische Notenbank den Leitzins bis Ende des Jahres auf ein Prozent oder mehr anhebt, darf aber bezweifelt werden. Denn ab Sommer könnte die Inflation nachlassen und steigende Zinsen könnten die Wirtschaft abwürgen. Sollten die Zinsen doch schneller und stärker steigen, so könnten riskantere Anlagen deutlicher verlieren.
Anleger und Sparer müssen aber damit rechnen, dass die Zinsen in Europa eher gering bleiben. In Kombination mit einer höheren Inflation bedeutet dies, dass das eigene Geld nun noch schneller an Wert verliert, als ohnehin schon. Für Sparer kommen also eher schwerere Zeiten, doch auch für Anleger ist es nicht so einfach, sollten die Märkte längere Zeit nachgeben. Nun kommt es darauf an, robuste und gleichzeitig wachstumsstarke Anlagen zu finden. Dann können die steigenden Zinsen 2022 vielleicht auch etwas Positives bewirken.