Gegenteiltag an der Börse: Wenn sich Anleger über einen Kurssturz freuen, dann ist sicher ein Short ETF am Werk. Wir informieren über die Chancen und Risiken der inversen Aktienfonds.

Wenn um 8 Uhr abends die Börse in Frankfurt am Main schließt, möchte man beim Blick auf die große Anzeigetafel eigentlich immer nur eines sehen: eine Dax-Linie, die nach oben zeigt. Sollte man eigentlich meinen. Es gibt aber auch Umstände, in denen sich Anleger über fallende Märkte freuen. Denn sie profitieren paradoxerweise gerade dann, wenn der Dax fällt. Der sogenannte Short ETF macht es möglich. Hier erfährst du, was diese unkonventionelle Finanzinstrument ausmacht und wie du es in deinem Depot einsetzen kannst.

Was ist ein Short-ETF?

Um zu verstehen, wie ein Short ETF funktioniert, ist zunächst eine Unterscheidung zu einem gewöhnlichen ETF angebracht. Bei einem ETF (kurz für „Exchange-Traded-Funds“) handelt es sich um ein Anlageprodukt, das einen Indexfonds an der Börse abbildet. Zum Beispiel den Deutschen Aktienindex Dax der 30 größten deutschen Unternehmen. Wenn du also in einen Dax-ETF investierst, nimmst du auf einen Schlag an der Wertentwicklung dieser 30 Aktien teil.

In der Regel ist das eine profitable Geldanlage. Laut dem Deutschen Aktieninstitut warf der Dax in den vergangenen 20 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 8,9 Prozent jährlich auf das angelegte Geld ab. Es gibt jedoch vereinzelt schlechte Jahre. So wie 2017, als die Rendite im Vergleich zum Vorjahr um 18,3 Prozent einbrach.

Man kann das als verschmerzbare Ausrutscher sehen. Bulle und Bär wechseln sich an der Börse eben ab, im Durchschnitt gehen die Kurse aber über kurz oder lang gesehen doch nach oben. Man kann sein Depot aber auch so aufstellen, dass man sogar von fallenden Märkten profitiert. Genau hier kommt der Short ETF ins Spiel.

Beim Short ETF handelt es sich um einen börsengehandelten Indexfonds, der die Entwicklung des Aktienmarkts umgekehrt (in der Fachsprache: invers) abbildet. Das bedeutet: Fällt der Dax um fünf Prozent, steigt der entsprechende Short-ETF um fünf Prozent. Wer einen Short-ETF kauft, profitiert also im Gegensatz zum gewöhnlichen ETF von fallenden Kursen. Es ist dabei ein spekulatives und umstrittenes Finanzprodukt, dessen Chancen und Risiken du sorgfältig abwägen solltest.

Short ETF: Die Chancen

Grundsätzlich können Short ETFs Anlegern durch schwere Zeiten am Aktienmarkt helfen. Zum Beispiel im Falle eines Börsencrashs oder während geopolitischer Krisen. Daher ist die Idee reizvoll, Short ETFs in das eigene Aktienportfolio zu mischen, um sich vor solchen Schocks zu schützen.

Nehmen wir das Jahr 2008, als der Dax nach der Finanz- und Wirtschaftskrise mehr als 40 Prozent an Wert verlor. In diesem Jahr war der Short ETF sicher eine lukrative Sache. Während der Dax-Kurs immer weiter in den Keller ging, stieg der ShortDax.

Theoretisch kann der Short die Verluste bei fallenden Aktienmärkten wieder ausgleichen oder sogar für Gewinne sorgen. Er bietet damit die Chance, das Depot gegen fallende Kurse abzusichern. Oder sogar ganz gezielt auf einen Crash zu wetten.

Short ETFs sind gleichzeitig sehr flexibel, sie werden auf Tagesbasis gehandelt und können somit sehr schnell gekauft oder verkauft werden. Das funktioniert ganz ähnlich wie bei gewöhnlichen ETFs über einen Online-Broker.

Short ETF: Liste

Short ETFs sind seit 2005 auf dem Markt erhältlich. Ihre Anzahl ist mit einigen Dutzend Produkten relativ überschaubar. Wer es noch spekulativer mag, kann die Short ETFs auch gehebelt kaufen. Der Short steigt in dem Fall bei fallenden Kursen noch stärker. Eine Übersicht einiger der beliebtesten Short ETFs (x2 markiert die Hebelprodukte) auf internationale Aktienindizes findest du hier:

  • Xtrackers ShortDAX Daily Swap
  • ComStage ShortDAX TR
  • ComStage MDAX TR
  • Xtrackers Euro Stoxx 50 Short Daily Swap
  • Xtrackers FTSE 100 Short Daily Swap
  • Lyxor EURO STOXX 50 Daily Short
  • Xtrackers S&P 500 Inverse Daily Swap
  • Lyxor Daily ShortDAX x2
  • Xtrackers S&P 500 2x Inverse Daily Swap

Short ETF: Die Risiken

Experten sind sich einig, dass Short ETFs als hoch spekulative Anlageform nur für professionelle Investoren geeignet sind. „Privatanleger sollten meiner Meinung nach Abstand von Short-ETF nehmen, da diese sehr unvorhersehbar in der Performance sind“, erklärt Nima Pouyan, Head Invesco ETF Switzerland & Liechtenstein, in der NZZ. Der Finanzexperte rät, die inversen Indexfonds nur sehr taktisch und kurzfristig einzusetzen. Das heißt, dass ein Short ETF höchstens für ein paar Tage oder Wochen im Portfolio bleiben sollte, in denen es eine negative Dynamik am Aktienmarkt gibt.

Ein großes Problem bei den Short ETFs ist ein Phänomen, das Finanzexperten als „Pfadabhängigkeit“ bezeichnen. Veranschaulichen möchten wir es für dich an einem Rechenbeispiel:

  • Stell dir vor, der DAX liegt bei 10 000 Punkten und springt mit einem Plus von 5 Prozent auf 10 500 Punkte. Der entsprechende Short ETF verliert also im selben Zug 5 Prozent.
  • Am nächsten Tag fällt der Dax wieder um 5 Prozent – von 10 5000 auf 10 000 Punkte. Dein Short ETF legt dadurch nun aber nicht um 5 Prozent, sondern lediglich um 4,76 Prozent zu. Der veränderte Ausgangswert hat die Rendite gedrückt.

Im Endeffekt führt die Pfandabhängigkeit dazu, dass Short ETFs schlechtere Ergebnisse erzielen, als man beim bloßen Blick auf die Indexentwicklung annehmen würde. Über einen längeren Zeitraum verstärkt sich dieser Effekt noch zusätzlich.

Das Fazit: Für eine dauerhafte Depotabsicherung sind Short ETFs nicht geeignet. Schließlich wettest du mit ihnen gegen den langfristigen Börsentrend. Und diese Wette kannst du eigentlich kaum gewinnen. Short ETFs bieten sich daher nur für sehr erfahrene Anleger an, die kurzfristig von Schwächephasen an der Börse profitieren möchten.