Es sind drei Buchstaben mit großer Bedeutung für Börsianer: KGV. Was steckt dahinter? Und wie liest man das KGV richtig? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
KGV – das steht nicht für das kleinste gemeinsame Vielfache aus dem Matheunterricht oder den Kegelverein von nebenan. Stattdessen handelt es sich um die Abkürzung für das Kurs-Gewinn-Verhältnis. Aha. Klingt unspektakulär. Aber wer sein Geld an der Börse anlegt, sollte sich durchaus mit dem KGV beschäftigen.
Was bedeutet KGV?
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist eine ökonomische Kennzahl, um Aktien zu beurteilen. Im Englischen heißt das KGV die Price-Earnings-Ratio, weshalb manchmal auch von P/E-Ratio die Rede ist. Vereinfacht zusammengefasst sagt es aus, ob eine Aktie preiswert oder überteuert ist.
Das funktioniert, indem es das Verhältnis zwischen dem Aktienkurs eines Unternehmens und dem Gewinn je Aktie anzeigt. Letzterer ist der Gesamtgewinn des Unternehmens, dividiert durch die Zahl der ausgegebenen Aktien. Das Ergenis dieser Rechnung gibt an, wie lange es dauert, bis die Gewinne den Kurs rechtfertigen.
Ein Beispiel: Boerse Online schätzt das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Amazon im Jahr 2019 auf 90,69. Die große Frage für Anleger ist aber, wie diese Zahl nun zu interpretieren ist.
Was ist ein „gutes“ KGV?
Eins vorweg: Das KGV ist keine magische Zahl, die auf Anhieb verrät, welche Aktien sich lohnen und welche nicht. Das wäre wohl auch zu schön, um wahr zu sein. Viel eher kann das Kurs-Gewinn-Verhältnis als eine grobe Richtschnur für Anleger dienen.
Grundsätzlich gilt folgende Faustregel: Je niedriger das KGV einer Aktie ist, desto preisgünstiger erscheint sie. Ein hohes KGV deutet dagegen auf eine teure Aktie hin. Generell gilt ein Wert unter 10 als niedrig und ein Wert über 20 als hoch. Viele Finanzexperten meinen, dass man als Anleger um die 10 herum am besten fährt.
Unsere Beispielaktie Amazon ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis über 90 extrem hoch bewertet. Wachstumsunternehmen wie der E-Commerce-Riese sind an der Börse sehr beliebt, weil sie stark expandieren und auch in Zukunft große Gewinne versprechen. Entsprechend hoch ist ihr KGV.
Gleichzeitig besteht das Risiko einer Überbewertung. Das passiert dann, wenn die Erwartungen an ein Unternehmen seine tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigen. Im schlimmsten Fall platzt irgendwann die Blase und der Kurs bricht dramatisch ein. Wer eine Aktie mit einem Wert deutlich über 20 kaufen will, sollte dafür also gute Gründe haben.
Es lässt sich allerdings nicht pauschal sagen, ab welcher Schwelle eine Aktie überbewertet ist. Allein für sich betrachtet hat das KGV nur einen sehr begrenzten Aussagewert. Aus Anlegersicht gilt es, auch die Marktlage und das Geschäftsmodell des Unternehmens zu bewerten. Wer vor diesem Hintergrund das KGV des Wunschtitels mit der Konkurrenz in der jeweiligen Branche vergleicht, hat gute Chancen ins Schwarze zu treffen.
Sind Aktien mit niedrigem KGV automatisch empfehlenswert?
Sind Aktien mit niedrigem KGV also garantiert ein Erfolg? Auch das lässt sich im Gegenzug nicht so pauschal behaupten. Denn ein niedriges KGV muss nicht unbedingt bedeuten, dass eine Aktie unterbewertet ist. Vielleicht hat sie die niedrige Bewertung auch schlicht und einfach verdient. Zum Beispiel, weil die Firma in Problemen steckt, eine schwache geschäftliche Entwicklung nimmt oder von Klagen geplagt wird.
Ein niedriges KGV kann also eine trügerische Sache sein. Ein anderes Beispiel: In einer konjunkturellen Hochphase steigt der Gewinn eines Autobauers. Sein KGV sinkt dadurch. Das wiederum verlockt Anleger zum Aktienkauf. Doch die Wirtschaftslage trübt sich schnell wieder ein, der Autohersteller bekommt nicht mehr so viele Aufträge wie zuvor und muss Mitarbeiter entlassen. Der Börsenkurs sinkt – und der Anleger ärgert sich.
Um das Kurs-Gewinn-Verhältnis unabhängiger von diesen Schwankungen zu machen, hat der Ökonom Robert Shiller sein eigenes Modell erfunden. Sein sogenannter „Shiller-KGV“ wird über einen Zeitraum von zehn Jahren berechnet, nimmt die durchschnittlichen Gewinne zur Grundlage und bezieht die Inflation ein. Dadurch soll die Bewertung eines Unternehmens verlässlicher dargestellt werden.
Wie steht es um das KGV im DAX?
Um einen Eindruck zu bekommen, wie es um das Kurs-Gewinn-Verhältnis in den größten deutschen Unternehmen steht, haben wir die letzten Schätzungen für alle 30 DAX-Konzerne hier zusammengefasst:
- Linde – 33,48
- Beiersdorf – 28,76
- Adidas – 25,10
- Infineon – 24,47
- SAP – 22,99
- MTU Aero Engines – 22,90
- Merck – 22,33
- Deutsche Börse – 22,22
- WireCard – 21,14
- Henkel – 19,98
- Vonovia – 19,17
- Siemens – 17,71
- Deutsche Telekom – 16,40
- Bayer – 15,78
- RWE – 15,28
- BASF – 15,20
- Continental – 14,89
- Deutsche Post – 14,19
- Fresenius Medical Care – 14,03
- Fresenius – 13,92
- Münchener Rück – 13,74
- E.ON – 13,58
- Daimler – 13,32
- BMW – 12,65
- Covestro – 12,23
- Heidelberg Cement – 11,64
- Volkswagen – 11,46
- Allianz – 11,10
- Deutsche Lufthansa – 10,50
- Deutsche Bank – 0,00
Quelle: boersengefluester.de (Stand: 16.12.2019)