Diese vier Buchstaben stehen für eine große Sehnsucht: „FIRE“ heißt ein Trend, der immer mehr Geldanleger inspiriert. Es geht darum, möglichst jung in Rente zu gehen. Wer dieses Ziel erreichen will, muss früh die richtigen Weichen stellen.
David, 33, arbeitet bei einer großen Unternehmensberatung, ist mit einer Ärztin verheiratet und Vater von zwei Kindern. Man könnte meinen: Bei diesem Kerl läuft einfach alles perfekt. Aber David sieht das anders. Er möchte in seinem Leben möglichst schnell etwas verändern – und nur noch ein paar Jahre lang arbeiten. „Mir wurde bereits vor einiger Zeit bewusst, dass ich mehr vom Leben erwarte, als dauerhaft einer Arbeit nachzugehen, die mich von dem abhält, wonach mir eigentlich der Sinn steht“, sagt er. Sein Traum: Er möchte jung in Rente gehen, am besten schon mit 45. Auf einem Blog berichtet er regelmäßig darüber, wie weit er mittlerweile gekommen ist.
Jung in Rente: Das steckt hinter „FIRE“
So wie David träumen auch viele andere von einem Leben in finanzieller Freiheit. Die sogenannte FIRE-Bewegung wächst weltweit. Die Abkürzung steht für „Financial Independence, Retire Early“ – zu deutsch: Finanzielle Unabhängigkeit, früher in den Ruhestand gehen. Manche Vorreiter des Trends wollen sogar schon mit 40 nicht mehr arbeiten müssen. Die große Frage ist: Wie schafft man das?
Die Ausgangslage ist klar: Wer in Deutschland nach 1990 zur Welt gekommen ist, muss sich darauf einstellen, später in den Ruhestand zu gehen. Die Bundesregierung hat das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre angehoben. Darüber hinaus ist nicht ausgeschlossen, dass die Mitglieder der Generation Y und Z in Zukunft noch länger arbeiten müssen. Weil geburtenstarke Jahrgänge der Baby Boomer in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, müssen immer weniger Arbeitnehmer immer Rentner finanzieren. Kommt es nicht zu einer grundlegenden Reform oder einer großen demografischen Trendwende, kann das nur gut gehen, wenn die Beiträge steigen oder die Deutschen länger arbeiten.
Ganz unausweichlich ist die Rente mit 70 allerdings nicht. Es ist möglich, die Berufswelt schon früher zu verlassen und trotzdem selbstbestimmt zu leben. Jung in Rente heißt das Ziel. Was es dafür braucht ist harte Arbeit, Durchhaltevermögen und vor allem die richtige Strategie. Das sind die wichtigsten drei Schritte, um das FIRE-Prinzip umzusetzen:
1. Früh mit der eigenen Vorsorge starten
Wer jung in Rente gehen will, kann sich nicht auf die gesetzliche Rente verlassen. Ein früher Ruhestand ohne finanzielle Nöte geht nur mit einer privaten Vorsorge. Entscheidend ist es dabei, den Weg in die finanzielle Freiheit früh anzutreten. Dass das FIRE-Ziel so selbst für Otto-Normal-Verdiener erreichbar wird, zeigt eine Berechnung des VZ VermögensZentrum für das Nachrichtenmagazin FOCUS.
So könnt ein heute 30-Jähriger mit einem Jahreseinkommen von 50 000 Euro schon mit 57 Jahren aufhören, wenn er bis zu seinem 55. Lebensjahr 350 000 Euro angespart hat. Dann hätte er im Ruhestand 60 Prozent seines letzten Nettoeinkommens plus die gesetzliche Rente zur Verfügung. Dafür müsste er bei einer realistischen Rendite von sechs Prozent 25 Jahre lang jeden Monat 577 Euro anlegen. Das ist ambitioniert, aber alles andere als unmöglich. Je früher man loslegt, desto einfacher wird es.
2. Die richtige Geldanlage wählen
In Zeiten der Niedrigzinsen reicht es nicht mehr, die Erpsarnisse einfach nur auf einem festverzinsten Konto abzulegen. Wer jung in Rente will, braucht definitiv mehr Rendite. Vielversprechend dafür sind zum Beispiel passive Aktienfonds, die sogenannten ETFs. Sie bilden die Wertentwicklung der 30 größten deutschen Unternehmen (DAX) oder der 1600 größten Konzerne der Welt (MSCI World) an der Börse ab. Laut Finanztip ist für Anleger bei einem langfristigen Investment in den Weltaktienindex eine jährliche Rendite von acht Prozent drin – ein starker Wert.
Gleichzeitig ist die Investition bei ETFs wie dem MSCI World breit über mehrere Branchen und Länder gestreut, was die Risiken erheblich verringert. Und das Beste: die Aktienfonds sind sehr günstig. Ein Investment ist bereits ab 25 Euro im Monat möglich. Selbst wenn man noch nicht die angestrebten 500 Euro monatlich zurücklegen kann, gelingt mit einem ETF-Sparplan der frühe Einstieg in eine renditestarke Geldanlage.
Wer jung in Rente gehen will, sollte sich darüber hinaus auch Einzelaktien mit besonders hoher Dividende anschauen. Börsenunternehmen schütten einen Teil der Gewinne an ihre Aktionäre aus. Dieses Geld kann man dann wiederum in Aktien und ETFs reinvestieren – ein sehr lukrativer Kreislauf für den Vermögensaufbau. Wie die Dividendenstrategie im Detail funktioniert, ist hier nachzulesen.
3. Durchhalten und draufpacken
Wer es mit dem Traum vom frühzeitigen Ruhestand ernst meint, muss klotzen und nicht kleckern: So legt David etwa 40 Prozent seines Haushaltseinkommens für die finanzielle Vorsorge zurück. Allerdings ist es nicht für jeden ratsam, von Anfang mit einer derart hohen Quote zu starten. Besser ist es, ganz nach den eigenen finanziellen Möglichkeiten behutsam loszulegen und sich kontinuierlich zu steigern. Experten empfehlen Geldanlegern ein Polster von zwei bis drei Monatsgehältern. Dies sollte jedermann bei seiner individuellen Finanzplanung beachten.
Das FIRE-Prinzip erfordert eine Menge Disziplin. Um die Geldanlage über Jahre hinweg durchzuhalten, gilt es, die eigenen Einnahmen und Ausgaben stets im Überblick zu behalten und größere Investitionen (wie Urlaube oder ein Auto) auf den Prüfstand zu stellen. Wichtig ist auch, die Investitionen für die finanzielle Freiheit wann immer es geht hochzuschrauben. So sollten Gehaltserhöhungen, Boni oder Erbschaften am besten in die Geldanlage fliegen. Wer draufsattelt, kommt früher ans Ziel.
Mit 33 Jahren hat Unternehmensberater David jetzt schon 100 000 Euro zurückgelegt und investiert. Wann er es in den frühen Ruhestand schaffen wird und wie sein Leben dann aussehen soll, weiß er noch nicht. „Wichtig ist mir nur, dass allein wir entscheiden können – ohne irgendwelche Zwänge“, sagt er.