Die Welt der Zinsen war schon lange nicht mehr so aufregend wie jetzt. Längerfristige US-Staatsanleihen haben seit der Zinswende im Juli 2022 einen enormen Preisverfall erlebt. Einige Anleihen sind um 50 Prozent im Kurs gefallen, da höhere Zinsen ihren Tribut fordern. Bieten Anleihen jetzt geniale Chance zum Geldverdienen, wie es der Titel dieses Blogbeitrags verspricht? Bevor du jetzt deine Nvidia Aktien versilberst und irgendwelche Staatsanleihen kaufst, machen wir eine kleine Beispielrechnung und sprechen kurz über die verborgene Gefahr von Anleihen-ETFs.

Das Wichtigste auf einen Blick

  1. Renditen von sicheren US-Staatsanleihen auf fast 5% gestiegen
  2. Diese US-Staatsanleihen bieten die beste Rendite
  3. So kannst du als Deutscher Staatsanleihen an der Börse kaufen
  4. Vorsicht vor dem Währungsrisiko beim Kauf von US-Anleihen
  5. Diese Risiken solltest du beim Kauf von Anleihen-ETFs beachten
Matthias Dworak

Matthias Dworak

Kleingeldhelden Experte für Geldanlage

Neues Zeitalter bei Anleihen

Die Zinssätze in den USA und Europa sind auf dem höchsten Stand seit 2007 und haben die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe auf rund 4,5 Prozent (Stand: 20.11.2023) steigen lassen, sprich mehr als das Doppelte als noch vor 18 Monaten. Entsprechend massiv sind die Kurse eingebrochen. Bei Anleihen ist es so, dass wenn die Renditen steigen, die Anleihepreise entsprechend fallen. Das gilt insbesondere für längerfristige Anleihen, denn wenn man alle Kupons einer Anleihe mit diesen höheren Zinssätzen abzinst, erhält man einen niedrigeren Wert. Als Folge davon bewerten viele Profis von großen Finanzinstituten wie etwa J.P. Morgan, Amundi, Allianz oder auch Vermögensverwalter wie Gerd Kommer die derzeitigen Anleihepreise als sehr attraktiv und niedrig genug, um neue Käufer anzuziehen.

 

4,5% US Treasury 08/38
Gerd Kommer: Darum gehören Anleihen ins Depot ABER vergiss diese Mythen // Mission Money

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Was bringen Anleihen? 

Stellen wir uns doch mal die Frage, wie lange würde es dauern, bis sich dein Vermögen mit den grundsätzlich sehr sicheren US-Staatsanleihen verdoppeln könnte? Anhaltspunkte liefert die sogenannte „72er-Regel“ an. Es handelt sich um eine einfache und verlässliche Faustformel, um abzuschätzen, wie viele Jahre es näherungsweise dauert, bis sich deine Investition bei einer bestimmten jährlichen Rendite verdoppelt. Die Berechnung erfolgt wie folgt: 

Anzahl der Jahre, die benötigt werden, um dein Geld zu verdoppeln = 72 geteilt durch den Zinssatz oder die Rendite. 

Bei einer Rendite oder dem Zinssatz von 4,5 Prozent für eine 10-jährige US-Staatsanleihe dauert es also 16 Jahre bis sich deine Investition verdoppelt hat (oder 72/4,5 =16). 

Wichtig: Steuern sind dabei nicht berücksichtigt und auch Inflation steht auf einem anderen Blatt. Denn auch wenn sich dein Geld nominal im Wert verdoppelt, bedeutet das nicht, dass du dafür auch die gleiche Kaufkraft bekommst. 

So berechnest du die Rendite von Staatsanleihen

Die zu erwartende Rendite einer Staatsanleihe ist nicht immer gleich ihrem Kupon oder Zins. Sie hängt zudem von ihrer Laufzeit und auch davon ab, ob du die Anleihe über dem Nominalwert von 100 Prozent gekauft hast. Ein Beispiel: Angenommen, der Nominalwert beträgt 100 Euro, die Laufzeit zehn Jahre, der Zinssatz drei Prozent und der Kurs entspricht zufällig genau dem Nominalwert. In diesem Fall liegt die Rendite (ohne Steuern und Gebühren) genau bei drei Prozent pro Jahr, wenn du die Anleihe bis zur Rückzahlung in 10 Jahren behältst. Hast du die Anleihe dagegen zu einem Kurs von 98 Prozent gekauft und sie hat nur noch ein Jahr Laufzeit, dann beträgt deine Rendite fünf Prozent. (Zusammengesetzt aus 2 Prozent Gewinn bei der Rückzahlung und 3 Prozent Coupon). Ist die Laufzeit länger, musst du den Kursgewinn durch die Anzahl der Jahre teilen und auf den Coupon aufgeschlagen, um die jährliche Rendite zu ermitteln. Hast du die Anleihe allerdings zu einem Kurs von über 100 Prozent des Nominalbetrages gekauft, funktioniert die Rechnung genau umgekehrt und du musst deinen Kursverlust vom Coupon abziehen. 

 Welche Anleihen bringen die beste Rendite

Wenn du jetzt dein Geld mit der „sichersten Anlageform der Welt“ verdoppeln willst, musst du also nur eine US-Staatsanleihe suchen, die in rund 16 Jahren fällig wird und eine Rendite von 4,5 Prozent bietet. Ein Beispiel: Die US-Staatsanleihe mit 4,50 Prozent Coupon und einer Laufzeit bis 15.05.2038. Damit kämst du umgerechnet auf eine jährliche Rendite von 4,57 Prozent.  

Doch hier macht uns die Steuer, die du auf das jährliche Einkommen aus den Kuponzahlungen zahlen musst, einen Strich durch die Rechnung, wenn die Einnahmen aus deinen Kapitalerträgen deinen Freistellungsauftrag übersteigen. Zweitens müsstest du die erhaltenen Zinszahlungen wieder mit mindestens 4,5 Prozent Rendite anlegen, um die deine Investition innerhalb des gewünschten Zeitrahmens zu verdoppeln. Die 72er-Faustformel basiert nämlich auf dem Zinseszinseffekt und geht davon aus, dass jegliche Einnahmen oder Dividenden zu derselben Rendite wieder in das Vermögenswert reinvestiert werden. 

Eine andere Möglichkeit wäre es, ältere langfristige US-Staatsanleihe zu kaufen, die zwar niedrigen Kupon haben, aber dafür aktuell auch einen viel geringeren Kurs, sodass der größte Teil deiner Rendite aus Kursgewinnen entstehen würde. Ein Beispiel dafür wäre eine US-Staatsanleihe mit einem Zinskupon von 1,125 Prozent, die bis 15.08.2040 läuft. Demnach käme man in den kommenden 16 Jahren umgerechnet auf eine jährliche Rendite von 4,83 Prozent (Stand: 20.11.2023). Und damit mehr als genug, um das Geld, zugegebenermaßen vor Steuern, zu verdoppeln.

Risiken nicht unterschätzen

Kling doch eigentlich ganz gut: In nur 16 Jahren hat sich dein Geld verdoppelt und das Risiko, dass du etwas verlierst, ist quasi nicht vorhanden. Allerdings gibt es einen kleinen Haken. Denn Anleihenkurse können stark schwanken, wie wir anfangs gesehen haben. Das heißt, falls du vor Ablauf der Laufzeit und der Rückzahlung deine Anleihen verkaufen musst, kannst du im schlimmsten Fall empfindliche Verluste erleiden. Falls du aber mit Sicherheit für die restliche Laufzeit nicht an dein Geld musst, bieten Anleihen derzeit eine spannende Alternative zu Festgeld.

Bei amerikanischen Anleihen sind die Renditen aktuell deutlich attraktiver als bei ihren europäischen Pendants, dafür gibt es ein anderes Problem: die Währung bzw. die Schwankungen der Wechselkurse. Während bei Aktien dieses Währungsrisiko eher eine geringe Rolle spielt, können Wechselkursschwankungen bei ausländischen Anleihen mitunter einen hohen Preis haben. Wer daher mit Anleihen Ruhe in sein Depot bringen möchte, sollte sich trotz der geringeren Erträge besser Euro-Anleihen ansehen.    

Wie kann ich als Deutscher amerikanische Staatsanleihen kaufen? 

Grundsätzlich kannst du amerikanische Staatsanleihen an der Börse ganz normal wie Aktien kaufen. Voraussetzung dafür ist ein Wertpapierdepot bei einer Bank, einer Sparkasse oder einem Broker. Bei der Suche nach einem passenden Anbieter hilft auch unser Depotvergleich. Du musst allerdings die Stückelung sowie den Wechselkurs der Währungen im Hinterkopf behalten. Verliert der Dollar etwa gegenüber dem Euro stark an Wert, sind deine Gewinne auch ganz schnell wieder weg. 

Sind Anleihen-ETFs sinnvoll? 

Mit ETFs ist das Investieren in Staatsanleihen sehr einfach. Du kannst beispielsweise den iShares 20+Treasury Bond ETF oder den iShares 7-10 Year Treasury Bond ETF kaufen, da beide in den letzten Jahren stark im Preis gefallen sind. Und du wärst damit auch nicht allein. Ende Oktober erreichte zum Beispiel der iShares 20+ Treasury Bond ETF neues Tief, gleichzeitig wurde der ETF so oft gehandelt wie noch nie in seiner 21-jährigen Geschichte. 

Das Problem bei diesen ETFs besteht jedoch darin, dass sie nur Anleihen mit langer Laufzeit halten. Das heißt, bei dem 20+Year ETF (ISIN: IE00BSKRJZ44) wird jede Anleihe verkauft, sobald sie eine Laufzeit von weniger als 20 Jahren erreicht. Diese ETFs halten eine Anleihe nie bis zu ihrer Fälligkeit. 

Warum ist das ein potenzielles Problem? Wenn du, wie in unserem Beispiel, in 16 Jahren deine Anleihen verkaufen willst, in der Erwartung, dass sich dein Geld verdoppelt hat, könntest du schwer enttäuscht werden, wenn sich die Experten (mal wieder) geirrt haben. Zum Beispiel, wenn die Inflation unerwartet zurückkehrt und die Zinsen wieder steigen, dann würden Anleihen-ETFs entsprechend wieder sehr stark im Preis fallen. Es gibt also ein sehr hohes Risiko, dass du die erwartete Rendite nicht erzielen wirst.

In gewisser Weise eignen sich Anleihen-ETFs, insbesondere auf Anleihen mit langer Laufzeit, daher besser fürs aktive Trading geeignet, als für eine langfristige Investition, um die man sich nicht mehr kümmern muss.  

Disclaimer: Dieser Beitrag ist eine journalistische Publikation und dient ausschließlich Informations- und Unterhaltungszwecken. Es findet keine Anlageberatung statt. Der Beitrag stellt auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf einer Aktie, eines Wertpapiers oder einer sonstigen Anlage dar. Jeder Anleger ist an dieser Stelle dazu aufgefordert, sich seine eigenen Gedanken zu machen, bevor eine Investitionsentscheidung trifft.