450 Millionen Dollar zahlte ein Sammler 2017 für Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“. Berechtigt? 1958 war das Bild bei Sotheby’s in London für 45 Pfund über den Tresen gegangen. Doch wie wird der Wert eines Kunstwerkes bestimmt? Mehr über die künstlerische Welt, liest du in diesem Exklusivinterview mit Nicola Gräfin Keglevich, Senior Director bei Ketterer Kunst.
Wie wird der Wert eines Kunstwerkes bestimmt?
Nicola Gräfin Keglevich: Ein Kunstwerk ist immer das wert, was man selbst bereit ist auszugeben. Offensichtlich war es jemandem so viel wert. Und er war nicht allein. Es gibt ja immer noch den Unterbieter. Gemeinsam haben sie um das Werk gekämpft. Am Kunstmarkt bestimmen wie überall Angebot und Nachfrage den Preis. International gehandelte Kunstwerke treffen auf eine höhere Nachfrage. Ein lokaler Künstler muss sich den Markt erst erarbeiten. Wenn es nur wenige Sammler gibt, dann sind die Preise entsprechend geringer.
Zu den Sammlern gesellen sich mehr und mehr Investoren. Was unterscheidet die beiden?
Keglevich: Sammler kaufen, weil ihnen die Kunst gefällt und ihnen der Künstler etwas sagt. Sie versuchen, eine Sammlung aufzubauen. Investoren hingegen sehen sich eher das Umfeld des Künstlers an. Sie sind gut beraten, die Blue Chips der Kunst zu kaufen, also Top-Namen wie Picasso, Warhol und Richter. Wenn ich zudem auf Top-Qualität achte, habe ich in der Regel ein gutes Investment getätigt, weil die Nachfrage weiter steigen wird.
Erinnern Sie sich an Ihren ersten Kunstkauf?
Keglevich: (lacht) Ich habe es nicht selbst gekauft, sondern meinen Mann dazu überredet. Es war eine sehr schöne Tuschezeichnung von Otto Dill, ein schreitender Löwe. Die Leichtigkeit des Striches, das Lavierende hebt die Dynamik des Löwen hervor. Die Zeichnung werde ich nie verkaufen.
Wann ist Kunst ein gutes Investitionsobjekt?
Keglevich: Wichtig ist, dass ich mir Künstler ansehe, die schon einen Markt haben. Das sollte sich auf dem Sekundärmarkt, also dem Auktionsmarkt, widerspiegeln. Man sollte sich mit dem Künstler genau beschäftigen, weil nicht jede Epoche und nicht jedes Werk des Künstlers gleich wertvoll ist. Auch Künstler haben mal schlechte Tage. Top-Qualität und die richtige Epoche ist wichtig. Und dann ist es wie auf anderen Märkten auch: Wenn ich zum höchsten Level einsteige und nicht mehr daran glaube, dass der Preis weiter steigt, bin ich schlecht beraten. Wenn ich allerdings meine Hausaufgaben mache, kann es eine sehr gute Investition sein.
Gibt es in der Kunst auch die Coca-Colas, die alles überdauern?
Keglevich: Das meine ich mit den Blue Chips der Kunst. Ich habe natürlich keine Glaskugel und weiß nicht, was die nächsten Generationen als erstrebenswerte Kunstwerke erachten. Doch die Vielfältigkeit eines Künstlers ist eine Voraussetzung dafür, dass er interessant bleibt. Ein großer Treiber im Kunstmarkt sind die Asiaten. Sie kaufen jetzt westliche Kunst. Das war vor 15 Jahren noch nicht der Fall. Da hatten sie sich eher auf die eigene besonnen. Heute sind sie an Gerhard Richter und Cindy Sherman interessiert. Durch die Erweiterung des Marktes sind die Preise gestiegen.

2020 haben die Millennials die Boomer als größte Käuferschicht abgelöst. Haben die Digital Natives denn einen leichteren Zugang?
Keglevich: Die sind in der Tat spekulativer unterwegs, etwa in ganz junger Kunst, die gerade auf den Markt gekommen ist. Auch die NFTs (Non-Fungible Token) sind da sehr gefragt. Aber als Sammler entwickelt man sich. Man fängt mit Werken an, die einem nahe sind, kommt dann aber sehr oft zu älterer Kunst zurück. Das sieht man bei zeitgenössischen Sammlern. Die entdecken häufig die klassische Moderne und sehen, dass die für ihre Zeit auch ganz modern waren.
Was empfehlen Sie Investoren, die mit 3000 Euro einsteigen wollen?
Keglevich: Das ist die gleiche Frage wie am Aktienmarkt. Ich muss mich fragen: Bin ich innovativ und hochspekulativ? Dann gehe ich in eine Galerie und sehe nach jungen Künstlern, die gerade anfangen haben, den Markt für sich zu erobern. Bin ich konservativer, bleibe ich bei etablierten Künstlern. Eine werthaltige und sichere Anlage ist beispielsweise die klassische Moderne. Es wird keine exponentielle Wertsteigerung von heute auf morgen geben, aber sie sind attraktiv auf längere Zeit. Für Käufer mit einem kleineren Budget sind Druckgrafiken interessant. Es muss nicht immer Öl auf Leinwand sein. Das haben wir bei Andy Warhol gesehen. Die gab es früher noch zu günstigen Preisen.
Was sind die Trends nach der Corona-Pandemie?
Keglevich: In den Pandemiejahren traten die figurative Kunst und eher bekannte Künstler in den Vordergrund. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass sich diese im digitalen Format besser verkaufen lassen. Einen Gerhard Richter muss ich mir nicht im Original ansehen. Ich kenne seine Arbeiten und seine Farbpalette. Jetzt freue ich mich darauf, auf Kunstmessen zu gehen und Neues zu entdecken. Ich sehe auch sehr viele Arbeiten von Künstlerinnen. Ein zweiter Fokus sind Arbeiten aus neuen Märkten, etwa aus Afrika. Das ist ein großer Trend.
Was ist der größte Fehler, den ein Kunstkäufer machen kann?
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Autorin: Heike Bangert