Hast du schon einmal etwas vom Wissenschaftler und Autor David Graeber gehört? Er prognostiziert, dass es immer mehr „Bullshit Jobs“ gibt – also Berufe, die der Gesellschaft keinen Nutzen bringen und es eigentlich gar nicht braucht. Wir Kleingeldhelden verraten dir, was genau sich dahinter verbirgt. Bist vielleicht sogar du in einem Bullshit Job gelandet?
Das macht einen Bullshit Job aus
David Graeber war ein US-amerikanischer Kulturanthropologe und erwähnte bereits im Jahr 2013 den Begriff der „Bullshit Jobs“ in einem gesellschaftskritischen Magazin, bevor er das Thema erneut aufgriff und 2018 ein Buch darüber veröffentlichte. Der Titel: „Bullshit Jobs: A Theory“ oder auf Deutsch: „Bullshit Jobs. Vom wahren Sinn der Arbeit“. Laut seiner Definition geht es nicht um einen Beruf, der keinen Spaß macht oder den man als harte Arbeit bezeichnen würde. Stattdessen beschreibt Graeber Bullshit Jobs so:
„Ein Bullshit Job ist eine Form der bezahlten Beschäftigung, die so vollständig sinnlos, unnötig oder schädlich ist, dass sogar die Beschäftigten selbst die Existenz der Beschäftigung nicht rechtfertigen können […].“
Selbst die Menschen, die einen Bullshit Job haben, sind also davon überzeugt, dass die Welt ohne ihre Arbeit nicht schlechter oder – im Gegenteil – sogar besser wäre. Häufig seien solche Berufe sogar überdurchschnittlich gut bezahlt und es werde nach der Auffassung des Autors eine Menge gesellschaftliches Potenzial vergeudet. Das lässt sich auch am Beispiel der Berufe im Pflegebereich festmachen: Die werden gebraucht und haben einen offensichtlichen Nutzen, sind in der Regel aber schlecht bezahlt. Bei Bullshit Jobs geht es nicht um die Jobs, die niemand machen möchte, sondern um die, die eigentlich niemand braucht. Doch wie sehen solche Berufe genau aus?
Daran erkennst du Bullshit Jobs
Natürlich lassen sich verschiedene Arbeitsformen nicht immer verallgemeinern, dennoch nennt David Graeber einige Beispiele für Bullshit Jobs. Dazu zählt leitendes Personal von Kapitalgesellschaften, Lobbyisten, Marktforscher oder juristische Berater. Aus der Arbeit des Wissenschaftlers haben sich fünf Typen herauskristallisiert, die wir für dich hier in einer Tabelle zusammengefasst haben:
Bullshit-Job-Typ | Beschreibung | Beispiele |
Die Lakaien | Tätigkeiten, die dazu dienen, dass sich andere wichtig fühlen | Personal im Vorzimmer von Managern, Rezeptionisten |
Die Schläger | Tätigkeiten, die Vertreter anderer Unternehmen in Schach halten | Unternehmensanwälte, PR-Spezialisten, Jobs in der Werbung |
Die Flickschuster | Tätigkeiten, die lediglich die Symptome von Problemen lösen | Sachbearbeiter, Programmierer, die fehlerhaften Code reparieren |
Die Kästchenankreuzer | Tätigkeiten, die keiner eigenen Arbeit nachgehen, sondern die Arbeit anderer dokumentieren –> täuschen Arbeit vor | Bürokratische Tätigkeiten |
Die Aufgabenverteiler | Tätigkeiten, die sinnlose Aufgaben kreieren und verteilen, obwohl die Mitarbeiter kompetenter sind | Berufe in der mittleren Management-Ebene |
Die Folgen von Bullshit Jobs
Man könnte natürlich fragen: Warum üben Menschen, die wissen, dass sie einen Bullshit Job haben, diesen weiterhin aus? Graebers Antwort: Finanzielle und/oder gesellschaftliche Erwartungen zwingen sie dazu. Die Folge können psychische Probleme sein: Neben dem Burnout, der eintritt, wenn die Arbeit einen zu sehr erschöpft, ist auch der sogenannte Boreout geläufig. Der tritt dann in Erscheinung, wenn einen die Arbeit einfach nicht erfüllt oder sogar unterfordert.
Was Keynes nicht bedacht hat
Es ist schon bald 100 Jahre her, da wagte der bekannte Ökonom John Maynard Keynes eine Prognose: Bis zum Ende des Jahrhunderts ist die westliche Gesellschaft so effizient, dass die Menschen nur noch 15 Stunden pro Woche arbeiten müssen. Er berief sich auf den technologischen Fortschritt und die damit einhergehende Steigerung der Produktivität. Doch warum ist das Szenario nicht eingetreten, obwohl der technologische Fortschritt so immens war und es immer noch ist? David Graeber kennt die Antwort: Zwar ersetzten Maschinen einen großen Teil der industriellen Arbeit, gleichzeitig sind aber immer mehr Berufe im Dienstleistungssektor entstanden, die häufig von Zeitfressern wie dem Erstellen von Präsentationen oder Konferenzen geprägt sind. Hinzu kommt der massive Anstieg im Konsumverhalten. „Wir bekamen die Wahl zwischen weniger Stunden oder mehr Spielzeugen und Vergnügungen“, schreibt Graeber in seinem 2013 erschienenen Artikel, „wir haben uns kollektiv für das Letztere entschieden.“