„Wie man liegt, so lügt man“. Wieder einmal eine bekannte Börsenweisheit in der Finanzwelt. Doch was bedeutet sie und was kannst du als Anleger davon lernen? Die Antwort liest du in diesem Beitrag.

Das weitverbreitete Anlegerverhalten, das in dieser Börsenweisheit zum Ausdruck kommt, lässt sich so beschreiben: Man kauft oder verkauft Aktien & Co. und biegt sich dann eine zu dieser Entscheidung passende Sicht auf den Markt zurecht. Hat man zum Beispiel aus Angst vor Kursverlusten alle auch noch so tollen Aktien oder Fonds verkauft, nimmt man plötzlich nur noch negative Nachrichten wahr. Weil es ja gar nicht sein kann, dass man sich getäuscht hat. Steckt das Depot hingegen randvoll mit Aktien oder Fonds, filtert das Gehirn sämtliche Risikofaktoren, die die Kurse in den Keller schicken könnten, aus der Wahrnehmung heraus. Dieses Verhalten verstärkt sich oft, wenn man bereits in die Miesen gerutscht ist, oder wenn einem beim Einstieg die Kurse davongelaufen sind.

Börsenweisheit 2023: Vorsicht Filterblasen!

Das gab es zwar schon lange vor der vollständigen Internet-Durchdringung der Finanzmärkte. Doch gerade im Netz, aus dem die meisten von euch bevorzugt ihre Informationen beziehen, verstärkt sich dieses Phänomen. Algorithmen schicken dir gezielt immer mehr Berichte auf den Rechner oder das Handy, die zu deinen früheren Suchanfragen passen – Stichwort: Filterblasen. Du kennst das ja. Einleuchtend ist etwa, dass sich dein Bild vom Markt stetig verdüstert, wenn du schon mehrmals nach „Rezession“, „Crash“ oder „Hyperinflation“ gesucht hast und dud anach mit Horror-Meldungen torpediert wirst. Anders herum kommen fast nur noch rosarote Nachrichten auf deine Geräte, wenn du öfters „Bullenmarkt“, „Allzeithoch“ oder „Kursverdoppler“ gegoogelt hast.

Börsenweisheit 2023: Das passiert sogar Profis

Keine Sorge, dass trifft keineswegs nur Anlage-Novizen. Selbst Profis sind vor derlei verengten Blickfeldern nicht gefeit. Etwa die Managerin des zeitweise sehr erfolgreichen US-Börsenfonds ARK-Innovation-ETF, Cathie Wood, scheint sämtliche Risiken ihrer zinssensitiven Technologieaktien komplett auszublenden und postuliert einfach, dass die Merktrenditen bald wieder sinken. Immer höhere Kursverluste und dramatische Mittelabflüsse ignoriert sie, die „fallenden Messer“ werden automatisch nachgekauft.


Auch die EZB-Chefin Christine Lagarde muss viele Fakten und Meinungen anerkannter Experten rigoros übergangen haben, als sie lange darauf beharrte, die Inflation sei nur vorübergehend. Die jüngste Einschätzung von Tesla-Gründer Elon Musk, die Börse sei verrückt, geht ebenfalls in diese Richtung. Klar, wenn Millionen Marktteilnehmer seine Aktie binnen kürzester Zeit im Kurs dritteln, muss das ja gaga sein. Oder liegt es vielleicht doch an Musks planloser Übernahme des Nachrichtendienstes Twitter, Produktions-kürzungen, Qualitätsproblemen und einer sehr ambitionierten Bewertung der Papiere? Wir wissen es nie wirklich.

Börsenweisheit 2023: Wenn man’s weiß, ist es halb so schlimm

Doch allein schon, wenn du dir dieses Problem bewusst machst, hilft es dir, es deutlich zu entschärfen. Wer sich eingesteht, dass sich so gut wie jeder ein bisschen einseitig informiert, kann dem leichter entgehen. Daneben kann man aktiv nach ExpertInnen oder Artikeln suchen, die der eigenen Positionierung widersprechen. Wer sich der Abwägung dieser Argumente dann tatsächlich öffnet, dürfte seine Gewinnchancen deutlich steigern.