Er ist der Albtraum eines jeden Aktienbesitzers: der Börsencrash. Doch warum fallen die Aktienkurse an einem bestimmten Zeitpunkt plötzlich ins Bodenlose? Und lassen sich die Crashs wirklich vorhersagen? Unser Finanz-ABC klärt auf.
Was ist ein Börsencrash?
Donnerstag, der 24. Oktober 1929, 11 Uhr. An der New Yorker Börse, der Wall Street, bricht plötzlich Panik aus. Die Aktienkurse des Dow Jones fallen und fallen und fallen. Aufgebrachte Menschenmassen versammeln sich angesichts des Kurssturzes vor dem Gebäude. Die Broker kommen kaum damit hinterher, ihre Aktien zu verkaufen. Die Verzweiflung ist so groß, dass die Händler die Wertpapiere zu jedem Preis abstoßen – egal, wie niedrig er ist. Nach wenigen Stunden sind mehr als zehn Milliarden Dollar vernichtet. Eine unvorstellbare Summe, rechnet man aus heutiger Sicht die Inflation mit ein. Der Tag ging als Black Thursday (in Deutschland wegen der Zeitverschiebung Schwarzer Freitag) in die Geschichtsbücher ein. Es war der verheerendste Börsencrash der Geschichte und Auslöser der Großen Depression der Weltwirtschaft in den 1930er-Jahren.
Von einem Börsencrash ist dann die Rede, wenn es plötzlich zu einem massiven und übergreifenden Kurseinbruch an den Aktienmärkten kommt. Die Aktienkurse gehen im wahrsten Sinne des Wortes in einen Sturzflug. Ein Börsencrash kann bis zu mehrere Wochen andauern, wie das Beispiel des Black Thursdays zeigt. Erst im November 1929 stoppte der Kurseinbruch vorläufig.
Was sind die Gründe für Börsencrashs?
Ein Börsencrash ist oftmals auf eine Spekulationsblase zurückzuführen. Sie entsteht, wenn Aktionäre in der Hoffnung auf Gewinne Wertpapiere kaufen und die Preise damit immer weiter ansteigen lassen. Das ist an sich ganz normal an der Börse. Übersteigt der Wert der Aktien jedoch irgendwann deutlich ihren realen wirtschaftlichen Wert, wird es brenzlig. Denn sobald der Markt die Preise nach unten korrigiert, kann ein gefährlicher Herdentrieb einsetzen. Immer mehr Händler stoßen dann ihre Papiere ab, um ihre Gewinne zu sichern. Die Kurse sinken. Im schlimmsten Fall sehen sich die Wertpapierbesitzer gewzungen, ihre Aktien zum Schleuderpreis zu verkaufen, weil sie sonst befürchten, völlig leer auszugehen. Erfasst diese Dynamik einen ganzen Finanzmarkt, spricht man vom Platzen einer Blase. So geschah es 1929 , aber auch bei den letzten großen Finanzkrisen in den Jahren 2000 (Dotcom-Blase) und 2008 (Immobilienblase).
Ein anderer Grund für einen Börsencrash kann ein sogenannter exogener Schock sein. Das ist ein überraschendes Ereignis, das zu einem Zusammenbruch der Märkte führt. Dies war zum Beispiel nach den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 der Fall, als der DAX an einem einzigen Tag um 8,5 Prozent einbrach.
Sind Börsencrashs vorhersagbar?
Einige Finanzexperten wie der US-Amerikaner Nouriel Roubini oder der Deutsche Max Otte rühmen sich damit, dass sie die Finanzkrise 2008 lange zuvor vorausgesagt haben, indem sie Spekulationsblasen und Probleme im Bankensystem frühzeitig erkannten. Der ehemalige Chefsvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, warnt heute vor neuen Gefahren in Fernost: So könne die hochverschuldete Volksrepublik China den nächsten großen Crash auslösen. Ob und wann er tatsächlich geschieht, wissen wir nicht. Denn ein verlässliches, systematisches Frühwarnsystem für Börsencrashs gibt es jedoch nicht. Zu komplex sind die Zusammenhänge der Finanzmärkte und der menschlichen Psyche, als dass die Wissenschaft eine genaue Zukunftsprognose abgeben könnte. „Wir können Risiken erkennen, aber wir können Krisen nicht exakt vorhersagen“, bringt es der US-Ökonom Barry Eichengreen auf den Punkt.