Der Bitcon steht vermutlich vor einem wegweisenden Jahr. Denn Mitte Mai 2020 steht das dritte Bitcoin Halving an. Wir sprechen mit Experten und geben eine Einschätzung, welche Auswirkungen das Bitcon Halving haben könnte und was Anleger tun können.

Was ist das Bitcoin Halving?

Das Bitcoin Halving kommt. Zum dritten Mal in seiner Geschichte wird die Ausschüttung neuer Bitcoins halbiert. Mitte Mai ist es soweit und die 12,5 Bitcoin, die aktuell für das Finden eines neuen Blocks im Schnitt alle zehn Minuten ausgeschüttet werden, halbiert sich auf 6,25 BTC. Durch diese Halbierung kommt auch der Name „Halving“ zustande. In der Geschichte des Bitcoin gab es dieses Ereignis bereits zwei Mal. Dazu sagt Professor Philipp Sandner, Leiter der Frankfurt Blockchain School: „Blickt man zudem in die Historie, so gewann der Bitcoin nach den Halvings 2012 und 2016 mit etwas Verzögerung jeweils kräftig an Wert. Daher ist der Gedanke nicht unplausibel, dass der Preis nun in den Sommermonaten steigen könnte. Ein seriöser Indikator ist das aber nicht.“ Doch das Bitcoin-Ökosystem sei „heute wesentlich marktreifer“ und aus Sicht von Professor Sandner ist auch die Krypto-Community „erfahrener geworden und hat das Halving besser antizipiert.“

Dabei fügte der legendäre Erfinder des Bitcoin, Satoshi Nakamoto, diese Besonderheit in den Code ein: Alle vier Jahre soll sich die Menge an neuen Bitcoin weiter halbieren. Denn so wird eine Inflationierung, wie wir sie bei unserem FIAT-Geld sehen, vermindert. Im Gegenteil: Der Bitcoin wird immer seltener. Denn bislang wurden bereits 18,34 Millionen Bitcoin von maximal 21 Millionen Bitcoin erschaffen. 87,3 Prozent sind bereits im Umlauf.

In der Grafik ist zu erkennen, dass das Wachstum an verfügbaren Bitcoin in den Anfangsjahren seit 2009 stark war und immer weiter abflacht. Zudem war die Inflation natürlich hoch und flacht nun auch immer weiter ab. Der Autor Saifedean Ammous beschrieb in seinem Buch „Der Bitcoin Standard“ auch, dass die Inflation immer weiter zurückgehen dürfte. In den kommenden vier Jahren dürfte die Inflation beim Bitcoin zwischen 1,5 und zwei Prozent pro Jahr liegen und nach dem vierten Halving im Jahr 2024 nochmals bedeutend auf unter ein Prozent sinken.

Bitcoin als digitales Gold?

Das spannende an diesem Halving ist die Wertentwicklung, die der Bitcoin jeweils nach den ersten beiden Halvings nahm (er verfielfachte sich jeweils), sowie die sogenannte Stock-to-Flow-Ratio. Diese Kennzahl wurde zum ersten Mal von Saifedean Ammous in seinem Buch „Der Bitcoin-Standard erwähnt“ und seitdem immer mehr angewandt. Diese Kennzahl ist sehr wichtig, um die Seltenheit eines Wertgegenstandes zu ermitteln und ins Verhältnis zu setzen. So hat Gold etwa eine Stock-to-Flow-Ratio von 58. Warum?

Der Stock bezeichnet den aktuellen Goldbestand auf der Welt. Und mit Flow ist die Jahresproduktion gemeint. Also kann man die Ratio vereinfacht so übersetzen: Wie viele Jahre würde es dauern, bis der heutige Goldbestand nochmal hergestellt ist? Und bei Gold sind das eben 58 Jahre. Je höher der Wert ist, desto besser. Denn ein höherer Wert bezeichnet eine größere Seltenheit. Dieser Wert schwankt leicht, aber die Goldmenge wächst jährlich nur gering. So und nun kann man auch beim Bitcoin berechnen, wie viele Jahre es dauert, bis der aktuelle Bestand nochmals produziert wurde.

Vor dem Halving beträgt der Wert der Stock-to-Flow-Ratio beim Bitcoin etwa 27. Und nach dem Halving verdoppelt sich dieser Wert auf 54 und kommt damit relativ nahe an Gold heran. Deswegen, aber auch weil Bitcoin die erste digitale Variante von Gold sein könnte, werden diese beiden Wertgegenstände immer häufiger miteinander vergleichen. Und könnte die gesamte Bitcoin-Marktkapitalisierung dann vielleicht an diejenige vom Gold heranreichen?

Halving und die Stock-to-Flow-Ratio

Dazu schrieb die BayernLB bereits im Herbst 2019 eine Studie. Und der Autor der Studie, Manuel Andersch, Senior FX Analyst bei der BayernLB, sagte uns: „Ich denke die Effekte der Halvings sind vielschichtig. Viele Investoren haben (oft auch aufgrund eines mangelnden Verständnisses des Difficulty Adjustment) Bedenken, dass die Halbierung der Block Subsidy zu einem „Miner-Sterben“ führt, welches die Sicherheit von Bitcoin gefährdet“, so der Experte. Allerdings sei es dann für die „eine positive Überraschung, wenn alles problemlos abläuft.“ Zudem fügt Manuel Andersch an, dass die Hash Rate durch das Halving noch nie anhaltend gefallen sei.

Dabei ist die sogennate Hash-Rate beim Bitcoin sehr wichtig. Denn sie gibt an, wie viel Rechenleistung aktuell aufgewendet wird, um das Bitcoin Netzwerk zu betreiben. Unter diesem Link siehst du die aktuelle Hashrate. Je höher die Hashrate ist, desto mehr Miner beteiligen sich am Netzwerk und desto sicherer ist der Bitcoin. Sinkt der Preis des Bitcoin, so steigen öfters Miner aus dem Geschäft aus, weil sie die Kosten durch Strom und Hardware nicht refinanzieren können. Sinkt die Hashrate, so verringert sich die Schwierigkeit im Bitcoin Netzwerk. Das ist das sogenannte Difficulty Adjustment. Denn nun müssen die Miner weniger Rechenleistung für das Netzwerk aufwenden und es können wieder mehr Miner zurückkommen und das Netzwerk sicherer machen. Eine steigende Hashrate geht beim Bitcoin oft mit einem steigenden Preis einher.

Dazu fügt Analyst Andersch an: „Eine andere (und die von mir präferierte) Sicht ist, dass Halvings Aufmerksamkeitsschocks sind. Das geringere Angebot durch weniger Bitcoin-Verkäufe der Miner führt zu einem wenn auch überschaubaren Preisanstieg.“ Für den Experten der BayernLB steht fest, dass dieser Preisanstieg dafür sorgt, dass die allgemeine Stimmung in der Bitcoin-Community steigt und Menschen auf den Bitcoin aufmerksam werden. „Ein Teil dieser Bitcoin-Novizen beschäftigt sich intensiver mit den Grundlagen von Bitcoin. Diese bleiben dann auch nach Ende des nächsten Bullenmarktes investiert. Damit sind die Halvings zumindest teilweise persistente Schocks. Das S2F-Modell könnte diese Mechaniken abgreifen“, fügt Andersch hinzu.

Bislang folgte der Bitcoin Kurs der Stock-to-Flow-Ratio. Das sieht man sehr gut auf dieser Seite. Sie zeigt, dass der Bitcoin Preis in der Vergangenheit nach den Halvings zeitverzögert enorm an Wert gewonnen hat. Ob das auch dieses Mal so sein wird, weiß man natürlich nicht. Laut dem Stock-to-Flow-Modell könnte der Bitcoin nach dem Halving rund 90.000 Dollar wert sein. Zu dem Schluss kam auch die BayernLB im Herbst 2019. Doch der Preis wird keinesfalls sofort auf diesen Wert springen. Es dürfte Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis der Bitcoin signifikant steigt.

Bitcoin in der Krise – Wie geht es weiter?

In der aktuellen Krise konnte Bitcoin hingegen sein Versprechen einer Krisenwährung leider nicht gänzlich einhalten. Der Kurs brach steil ein und verscheuchte viele Investoren. Während der Gold-Kurs stieg, mussten Bitcoin-Anleger Verluste verzeichnen. Das kam für viele überraschend und davon muss sich der Bitcoin aktuell erst erholen. Seit Ausbruch der Krise an den Finanzmärten um den 18. Februar sank der Bitcoin von 10285 Dollar auf 3850 Dollar am 13. März und verlor damit 62,6 Prozent. Doch seitdem erholte sich der Kurs schon wieder deutlicher und rangiert am 5. Mai wieder bei 8870 Dollar. Für Manuel Andersch und Professor Sandner ist das aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Denn sie haben Erklärungen für das starken Einbruch.

Manuel Andersch erklärt: „Von der Liquidierungswelle im März war kein Asset gefeit.“ Dabei habe der Bitcoin-Markt eine deutliche Umstrukturierung durchgemacht. „So zeigen die Daten von den Exchanges, dass es wohl eine deutliche Verschiebung von wenigen großen institutionellen Anlegern hin zu einer Vielzahl kleinerer Retail-Anleger gab“, berichtet Andersch. Außerdem habe es eine „Umschichtung von halbinformierten Anlegern hin zu überzeugten Bitcoinern, die das Ganze als willkommene Kaufgelegenheit ansahen“ gegeben. Und sein Schlussfazit lautet: „Somit kann man den März-Crash in der Retrospektive durchaus auch konstruktiv sehen.“

Aber wie geht es weiter? Ist der Bitcoin jetzt angeschlagen oder startet er durch das Halving richtig durch? Dazu erklärt Professor Sandner: „Bitcoin ist knapp, endlich und relativ kostspielig in der Herstellung. Das Modell geht davon aus, dass es eine statistisch signifikante Beziehung zwischen Stock-to-Flow und Marktwert gibt. Demzufolge müsste der Preis von Bitcoin im Laufe der Zeit erheblich steigen, denn das Verhältnis von Bestand zu Produktionsmenge wird mit jedem Halving größer. Ob das Modell in der Lage sein wird, die Preisentwicklung des Bitcoins zuverlässig vorherzusagen, ist denkbar aber dennoch fraglich. Der Markt ist nach wie vor ausgesprochen volatil und die Menge an historischen Daten dürftig. Zudem steigt der Preis nicht wegen des Stock-to-Flow-Models per se, sondern nur wenn die Nachfrage größer ist als das Angebot. Irgendwo muss diese Nachfrage herkommen. Stand heute aber haben nur wenige wirklich verstanden, was Bitcoin im Detail ist – mithin investieren nur wenige Leute in den Bitcoin.“

Ein Investment in Bitcoin und Kryptowährungen allgemein bleibt natürlich spekulativ. Wer Interesse hat, der sollte sich mit dem Thema nochmals intensiv auseinandersetzen und nur geringe Beträge einsetzen, die man auch bereit ist, zu verlieren. Eventuell eignet sich für dich dabei die Cost-Average Methode.

Fotoquelle: Photo by Aleksi Räisä on Unsplash