Die Corona-Pandemie hat bei vielen Menschen den Wunsch bestärkt, die Metropolen zu verlassen und auf dem Land zu leben. Wer aus der Großstadt wegziehen will, sollte allerdings schon vorher die Vor- und Nachteile im Blick behalten. Eine Übersicht.

Jahrzehntelang war in Deutschland von der Landflucht die Rede. Millionen verließen die ländlichen Regionen und Dörfer, um in den vermeintlich attraktiven Großstädten zu leben. In den letzten Jahren hat sich diese Entwicklung abgeschwächt und in manchen Regionen sogar umgekehrt. Es wäre zwar übertrieben, von einer Stadtflucht zu reden, doch immer mehr Menschen suchen offensichtlich nach Alternativen zum Großstadtleben. „Die Corona-Pandemie hat den Trend zur Landlust weiter verstärkt“, heißt es in einer aktuellen Marktanalyse der Immobilienfirma Engel & Völkers. Insbesondere die Vororte und ländliche Regionen im Umland der großen Metropolen verzeichneten derzeit ein deutliches Nachfragewachstum. Bleibt die Frage: Was macht es für viele Menschen so reizvoll, aus der Großstadt wegzuziehen? Und wo liegen Risiken?

Aus der Großstadt wegziehen? Die Pros

  • Die Kosten: Die Mieten in den deutschen Großstädten steigen seit Jahren. Für viele Normalverdiener wird es immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung in München, Hamburg oder Frankfurt am Main zu finden. Ein Umzug in eine ländliche Region kann daher eine große finanzielle Entlastung bedeuten. Das Mietniveau ist hier generell deutlich niedriger, gleiches gilt für die Immobilienpreise. Gleichzeitig bekommt man in den allermeisten Fällen mehr Wohnfläche für weniger Geld – ideal für Familien. Den Traum vom eigenen Haus dürften sich die meisten Menschen ohnehin nur auf dem Land verwirklichen können. Gleichzeitig muss man beachten, dass auch im Umfeld der Großstädte die Preise anziehen.
  • Die Lebensqualität: Auf viele Menschen wirkt das Leben in der Großstadt auf Dauer stressig – das liegt auch an der Umgebung. Im urbanen Betondschungel fällt es oft schwer, sich richtig zu entspannen. Der Raum ist beengt, Autos und U-Bahnen verursachen ständig Lärm, die Luft ist schmutzig und auf den Straßen liegt Müll. Die Sehnsucht nach der Natur ist daher bei vielen groß. Einfach mal raus kommen, einfach mal seine Ruhe haben, das geht am besten auf dem Land. Wer würde nicht gerne morgens einen kleinen Spaziergang auf einem Feldweg machen, die Vögel zwitschern hören und dabei eine Stunde lang keiner Menschenseele begegnen? Manche macht dieses Gefühl eben glücklicher als ein Einkaufszentrum vor der Haustür. Zudem kann man in den ländlichen Regionen seine Lebensmittel direkt vom Bauernhof beziehen und damit nachhaltiger leben.
  • Die neue Arbeitswelt: Aus der Großstadt wegziehen, das war für die meisten Arbeitnehmer früher undenkbar. Schließlich haben hier die großen, attraktiven Unternehmen ihren Sitz; und allzu lange ins Büro pendeln will man ja auch nicht. Die Corona-Pandemie hat jedoch zu einem Sinneswandel bei allen Beteiligten geführt. Viele Konzerne erkennen, dass ihre Mitarbeiter auch im Homeoffice produktiv arbeiten können und mitunter sogar zufriedener dabei sind. Nicht ohne Grund will es SAP künftig allen Mitarbeitern erlauben, zu jeder Zeit von zu Hause aus zu arbeiten. Das hybride, flexible Arbeitsmodell eröffnet neue Chancen in allen Berufen, in denen Homeoffice prinzipiell möglich ist. Weil die Präsenzzeit im Büro tendenziell abnimmt und die Arbeit örtlich entgrenzt wird, kann man als Arbeitnehmer nun eher erwägen, der Großstadt den Rücken zu kehren, ohne den Arbeitgeber wechseln zu müssen. So kann man seine persönlichen Wünsche und die Karriere besser in Einklang bringen.

Die Cons

  • Der Umzug: Umziehen nervt, gar keine Frage. Man muss Dutzende Kartons packen, Möbel abbauen und die Wände streichen – und das ist erst die halbe Arbeit. Klar können Freunde und Verwandte mit anpacken, dennoch ist das Ganze eine stressige Angelegenheit, gerade in der Großstadt, wo es wenige Parkplätze vor der Haustür gibt. Wer sich die größten Qualen (z.B. Kleiderschränke und Kühlschränke) ersparen will, muss eine Umzugsfirma beauftragen. Das kann aber auch richtig ins Geld gehen. Wer aus der Großstadt wegzieht und seinen ganzen Haushalt mitnimmt, muss dafür je nach Entfernung 1000 bis 2000 Euro hinlegen. Der Umzug aufs Land ist also unter Umständen nicht ganz billig, das sollte man wissen.
  • Die Infrastruktur: Es ist wenig überraschend, dass man außerhalb der Großstadt auf ein paar Dinge verzichten muss. Es gibt keine U-Bahn in der Nähe, oft noch nichtmal einen Bahnhof, geschweige denn einen Arzt oder Freizeitangebote wie Restaurants oder Kinos. Das muss einem bewusst sein, wenn man aus der Großstadt wegziehen will. In manchen Fällen kann das zu einem echten Problem werden. Manchen ist das Leben auf dem Dorf oder in der Kleinstadt dann doch zu langweilig, andere verzweifeln an der schlechten Verkehrsanbindung und haben das Gefühl, an diesem Wohnort festzustecken. Unbedingt beachten sollte man beim Umzug auch, ob schnelles Internet vor Ort vorhanden ist. Sonst kann seinen Plan von der schönen, neuen Arbeitswelt im Homeoffice ganz schnell vergessen.
  • Die Arbeitswege: Nach der Pandemie wird man wieder öfter ins Büro oder zu Terminen kommen müssen. Wer aus der Großstadt in die Ferne zieht, sollte sich deshalb vorab überlegen, wie das funktioniert. Gibt es eine gute Zugverbindung vor Ort? Oder sollte ich besser mit dem Auto fahren? In jedem Fall muss man sich auf höhere Kosten fürs Pendeln einstellen. Eventuell ist es ratsam, mit dem Arbeitgeber über eine Bahncard zu sprechen, um Geld zu sparen.