Frauen sind an der Börse häufig noch zögerlicher als die Männer. Doch woran liegt das und wie unterscheidet sich die Investmentstrategien von Frauen von denen der Männer? In diesem Beitrag erfährst du, warum Frauen sich beim Investieren mehr zutrauen sollten.
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Investieren: Wer legt besser an?
Es ist kein Geheimnis, dass Männer und Frauen verschiedene Vorgehensweisen haben, wenn es um die Geldanlage geht. Männer gehen in der Regel offensiver vor: Sie investieren mehr, weil sie oft auch mehr Geld zur Verfügung haben und gehen öfter Risiken ein. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass ihre Investmentstrategie erfolgreicher ist als die der Frauen.
Frauen legen weniger Geld an
Der erste große Unterschied ist, wer überhaupt sein Geld an der Börse anlegt. Um die Kundenstruktur nach Geschlecht darzustellen, analysierte die Consorsbank in 2019 die Konten und Depots ihrer 1,5 Millionen Kunden. Knapp 75 Prozent der Wertpapierdepots gehörten Männern. Somit lag der Anteil der weiblichen Depotinhaberinnen bei lediglich 25 Prozent. Auch das Deutsche Aktieninstitut (DAI), das Bürger/innen einmal im Jahr zu ihrem Anlageverhalten befragt, stellte fest: Von den 12,1 Millionen Deutschen, die in 2021 die Möglichkeit der Aktienanlage nutzen, war nur knapp ein Drittel (4,3 Millionen) weiblich. Der niedrige Frauenanteil zieht sich dabei durch sämtliche Alters- und Einkommensklassen. So war der Anteil an Aktiensparerinnen auch bei Frauen mit überdurchschnittlichem Einkommen deutlich kleiner als der Anteil der männlichen Anleger. Hier deuten sich bisher auch keine Hinweise auf eine Wende an.
Depotvolumen: Männer investieren mehr
Auch die Höhe des Investments variiert mit dem Geschlecht. So beläuft sich das durchschnittliche Depotvolumen der Consorsbank-Kundinnen auf rund 36 000 Euro. Damit liegt es 32 Prozent unter dem der Männer, die eine durchschnittliche Anlagesummer von 53 000 Euro aufweisen. Auch die ING hat kürzlich die Entwicklung ihrer knapp eine Million Kundenportfolios im vergangenen Jahr analysiert. So sei das Depotvolumen durchschnittlich von 50 600 auf 68 500 Euro gestiegen – Frauen investierten mit circa 5 500 Euro jedoch deutlich weniger als Männer, die rund 8 600 Euro anlegten.
Investmentstrategie: Frauen sind defensiver als Männer
Männer gehen bei ihrer Anlagestrategie offensiver vor. Meist sind sie aktiver und handeln ihre Wertpapiere öfter. Bei den Anlegern der Consorsbank führten Männer mit rund 17,4 Trades in 2019 mehr als doppelt so viele Wertpapiertransaktionen durch wie Frauen. Diese kaufen und verkaufen ihre Aktien deutlich seltener. Auch bei der Form der Anlage gibt es Unterschiede. Beide Geschlechter setzten laut DAI in 2021 vermehrt auf Fonds und ETFs, die weiterhin die beliebteste Form der Aktienanlage darstellen. So hielten 6,9 Millionen Menschen ausschließlich Fonds und ETFs in ihrem Depot. Männer nutzen allerdings stärker die risikoreichere Direktanlage in Einzelaktien. Frauen meiden die direkte Investition in Unternehmen und mischen Aktien und Fonds weniger häufig als Männer. Sie konzentrieren sich hauptsächlich auf Fonds.

Die Ironie: Frauen erzielen oft mehr Rendite
In Studien schneiden Männer oft leicht schlechter ab als Frauen. In der ING-Analyse kam heraus, dass Frauen 2019 zwar weniger investierten, jedoch mit 22,5 Prozent eine leicht höhere Rendite erzielten als Männer (21 Prozent). In mehreren Studien liegt die durchschnittliche Kursperformance von Frauen etwa 1-1,5 Prozent über der der Männer. Diese Tatsache wird oft darauf zurückgeführt, dass Männer sich gerne überschätzen und mehr Risiken eingehen. Auch die Anzahl an Trades, die bei Männern deutlich höher ist, führe oft zu Nachteilen an der Börse. Frauen hingegen investieren eher in Fonds mit weniger Risiko als Einzelaktien und tasten ihre Wertpapiere seltener an.
Investieren: Risiko kann sich auszahlen
Doch wie die Consorsbank-Analyse zeigt, zahlt sich in Zeiten positiver Märkte die riskantere Anlagestrategie der Männer aus. Im Jahr 2017 erzielten Männer mit 12,2 Prozent eine deutlich höhere Rendite als die Frauen (9,2 Prozent). Ein Jahr später, als das Umfeld deutlich fordernder war und der DAX diverse Prozentpunkte einbüßte, erwiesen sich die defensiv aufgestellten Depots der Frauen jedoch als krisenfester. Betrachtet man die Depotperformance über mehrere Jahre hinweg, kommt man allerdings zu vergleichbaren Ergebnissen. So lagen die Depots der Consorsbank-Kunden und Kundinnen über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg fast gleichauf.
Was hält Frauen vom Investieren ab?
Fehlendes Wissen über den Kapitalmarkt
Die schlechteren Anleger sind Frauen also nicht. Trotzdem sind sie an der Börse weniger vertreten und investieren geringere Beträge als männliche Anleger. In einer der „Investor Pulse Surveys“ von BlackRock gaben 41 Prozent der weiblichen Befragten an, ihr fehlendes Wissen im Finanzbereich sei der Grund, warum sie ihr Geld nicht am Kapitalmarkt anlegen. Das Informationsbedürfnis in Sachen Finanzen und Anlagestrategien scheint somit deutlich höher zu sein als das der Männer.
Das Risiko erscheint zu hoch
So werden ungern Teile des eigenen Vermögens investiert, ohne die Prozesse und Mechanismen des Aktienmarktes genau zu verstehen. Dazu kommt das fehlende Vertrauen in die neue Möglichkeit der Geldanlage und die Angst, das ersparte Geld zu verlieren. Ein weiteres Hemmnis ist, dass Frauen das Risiko als zu hoch empfinden. Laut der BNY Mellon hält jede zweite Frau das Investment in Einzelaktien für zu riskant. Aus diesem Grund sind Fonds und ETF bei Frauen wesentlich beliebter.
Das Einkommen wird als zu niedrig empfunden
Jedoch ist nicht nur das erhöhte Risikobewusstsein und die Skepsis ein Problem. Viele Frauen stufen ihre Einkommenssituation als nicht ausreichend ein, um ihr Geld in Aktien und Fonds anzulegen. Sie glauben, dass sie über nicht genügend Geld verfügen, um dieses dem Risiko des Kapitalmarktes auszusetzen. Man gehe davon aus, dass ein überdurchschnittliches Einkommen zum Investieren notwendig sei. Eine Untersuchung von BNY Melon ergab, dass die gefühlte Einkommensschwelle zum Investieren bei über 4 000 Euro pro Monat liege.
Frauen, traut euch zu investieren!
Leider entgeht Frauen durch ihr größeres Sicherheitsbedürfnis und Risikoaversität teilweise viel Geld. Niemand sollte sein gesamtes Erspartes in den Kapitalmarkt stecken und blind in Aktien investieren, jedoch bieten Aktien und Fonds deutlich attraktivere Renditen als das Giro- oder Sparkonto. Ist man sich also unsicher, weil man sich mit Aktien & Co. nicht auskennt, kann man daran leicht etwas ändern. So kann das Internet oder vertraute Personen, die bereits ein Depot besitzen, wertvolles Wissen vermitteln. Auch existieren diverse Finanzmagazine, wie z. B. „Finanzielle“, die Frauen die Angst vor der Aktienanlage nehmen wollen und versuchen, ihnen Finanzthemen näherbringen.
Selbst wenn danach weiterhin Sorgen vorhanden sind, spricht nichts dagegen, sich innerhalb kürzester Zeit kostenlos ein Depot (beispielsweise bei Trade Republic) einzurichten und sich langsam heranzutasten. Anstatt direkt tausende Euro zu investieren, kann man mit einer einzelnen Aktie anfangen und im eigenen Tempo den Weg in den Kapitalmarkt finden.
Fotoquelle: Photo by Precondo CA on Unsplash