Auf einen Blick: 

  • EUm passende Aktien auszuwählen, solltest Du Dir die Geschäftsberichte eines Unternehmens genau anschauen
  • EZu den Geschäftsberichten gehört in der Regel eine verkürzte Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)
  • EDie Bilanz gibt die Vermögenslage eines Unternehmens wieder, in der GuV wird der Gewinn/Verlust innerhalb einer Periode berechnet
  • EUm die Bilanz und GuV zu analysieren, werden verschiedene Größen daraus untereinander ins Verhältnis gesetzt
  • EMithilfe der Bilanzanalyse/Kennzahlenanalyse ergibt sich ein gutes Bild über die Rentabilität, Liquidität und Kapitalstruktur
Isabel Schommers

Isabel Schommers

Kleingeldhelden-Expertin für Geldanlage

Geschäftsberichte und Bilanzen lesen und verstehen

Die Geschäftszahlen von Unternehmen helfen dabei, die besten Aktien für das Depot auszuwählen. Gerade Anfänger tun sich allerdings schwer, daraus schlau zu werden. Die Dinger können schließlich ganz schön trocken und kompliziert sein. Wir erklären hier alles Schritt für Schritt, von der Pike auf.

Wie und wo liest man Bilanzen? 

Alle börsennotierten Konzern veröffentlichen alle drei Monate einen Quartalsbericht sowie einen Geschäftsbericht zum Ende des Jahres (der Jahresabschluss bzw. Konzernabschluss). Dazu gehört in der Regel eine Pressemitteilung, die die Entwicklung der wichtigsten Kennzahlen stichpunkthaltig zusammenfasst („Key Takeaways“) erklärt, warum es mies oder fantastisch lief und eine Prognose für die nahe Zukunft trifft. Im Rahmen des Geschäftsberichts müssen Unternehmen vorrechnen, wie viel Gewinn (bzw. Verlust) vom Umsatz geblieben sind, nachdem alle relevanten Kosten abgezogen wurden. Dafür stellt es eine sogenannte Gewinn- und Verlustrechnung, kurz GuV auf. Außerdem stellen sie ihre Vermögenslage in einer verkürzten Bilanz dar.

Am einfachsten ist es, die Geschäftsberichte auf der firmeneigenen Webseite einzusehen – meist unter dem Reiter „Investor Relations“. Dort findest Du in der Regel eine Präsentation, die das Ganze etwas bunter aufbereitet – aber Achtung vor Schönrechnungen. Willst Du nicht nur die verkürzte, sondern die komplette Bilanz deutscher Konzerne einsehen, kannst Du dafür den Bundesanzeiger nutzen (www.bundesanzeiger.de). Kapitalgesellschaften der Bundesrepublik sind dazu verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse im dortigen Unternehmensregister zu hinterlegen, das auch Dir für Deine Recherche offen steht. So etwas gibt es natürlich nicht nur in Deutschland – das amerikanische Äquivalent dazu wäre beispielsweise die Edgar-Datenbank der US-Regierung. Die detaillierten Infos zu Geschäftsberichten lassen sich in den meisten Ländern durchforsten – in einigen davon ist das aber kostenpflichtig.

Die 6 wichtigsten Kennzahlen in Geschäftsberichten

Es gibt ein paar Kennzahlen, die kommen in so gut wie jedem Geschäftsbericht vor:

  1. Umsatz
  2. Ebitda
  3. Ebit
  4. Ebt
  5. Nettogewinn
  6. Gewinn je Aktie

Jeder, der auf der Suche nach guten Aktieninvestments ist, der sollte sie kennen.

1. Umsatz

Ich weiß, ich weiß, das ist jetzt schon sehr basic. Aber wir wollen ja alle zusammen bei null anfangen. Also: Der Umsatz beschreibt die Summe aller Einnahmen, die ein Unternehmen erzielt. Von organischem Umsatzwachstum spricht man, wenn die Erlöse des Unternehmens aus eigener Kraft wachsen. Übernahmen, Zukäufe etc. werden hier nicht berücksichtigt, sie sind Teil des anorganischen bzw. externen Wachstums. Übrigens: Wundere Dich nicht, wenn Du mal von Brutto- und mal von Nettoumsätzen liest. Zur Erklärung: Der Nettoumsatz berechnet sich, indem vom Bruttoumsatz Rabatte, Gutschriften etc. abgezogen werden. By the way: Umsatz, Umsatzerlöse, Erlöse – diese Begriffe werden in der Berichterstattung oft synonym verwendet.

2. Ebitda

Der nächste wichtige Posten nach dem Umsatz ist das Ebitda – ein Akronym für „Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortisation“. Zu Deutsch: „Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und sonstigen Abgaben“. Das Ebitda hat noch wenig mit dem „echten Gewinn“ (siehe unten) zu tun. Wie der Name sagt, wurden Zinsen, Steuern, Abschreibungen und sonstige Abgaben noch nicht miteinbezogen. Das gibt einen ersten Hinweis darauf, wie rentabel die operative Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ist. Zudem lässt sich die Profitabilität verschiedener Firmen aus dergleichen Branche vergleichen. Warum? Diese Kennzahl wird nicht von verschiedenen Buchhaltungs- und Finanzentscheidungen beeinflusst, die sich von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden. Oft wirst Du in Geschäftsberichten über das sogenannte Adjusted bzw. bereinigte Ebitda stoßen. Aus diesem wurden Sondereffekte oder außerordentliche Kosten herausgerechnet. Hier ist große Vorsicht geboten: Was als Sondereffekt oder außerordentliche Kosten gilt, liegt im Ermessensspielraum der Firm. Daher ist diese Kennzahl nur bedingt aussagekräftig.

3. Ebit

Das Ebit ist die nächste Stufe. Ebit steht, wie sollte es anders sein, für „Earnings before Interest and Taxes“, oder auch „Gewinn vor Zinsen und Steuern“. Abschreibungen und sonstige Abgaben („Depreciation and Amortisation“, das „da“ in „Ebitda“) sind nun enthalten. Das Ebit sagt aus, wie erfolgreich ein Unternehmen mit seinem tatsächlichen Geschäft ist, oder anders formuliert: wie hoch die operative Ertragskraft ist. Synonym für Ebit werden oft die Begriffe „operatives Ergebnis“, „Betriebsergebnis“ oder „operativer Gewinn“ verwendet. Aber Vorsicht: Letzteres ist eigentlich falsch: Der operative Gewinn ist der Gewinn, der sich aus dem absoluten Kerngeschäft ergibt – Gewinne werden mitunter aber auch anders erwirtschaftet, beispielsweise durch den Verkauf von Fabrikgeländen. Dieser würde ins Ebit miteinfließen, in den tatsächlichen operativen Gewinn nicht. Also: Genau hinschauen lohnt sich.

4. Ebt

Ebt bezeichnet den Gewinn vor Steuern („Earnings before Taxes), auch Vorsteuergewinn. In den meisten Branchen kommt ihm weniger Bedeutung zu als dem Ebit. Er hat allerdings den Vorteil, Unternehmen desselben Sektors aus unterschiedlichen Ländern miteinander vergleichen zu können, da abweichende Steuersätze vernachlässigt werden.

5. Nettogewinn

Endlich. Wir sind beim tatsächlichen Gewinn angekommen. Der Nettogewinn, auch Reingewinn, Gewinn nach Steuern, Jahresüberschuss/Quartalsüberschuss, Periodengewinn oder Konzernergebnis genannt, ist das, was unterm Strich vom Umsatz übrigbleibt. Liegt ein Verlust vor, spricht man auch vom Jahresfehlbetrag. Je höher der Nettogewinn, desto profitabler agiert das Unternehmen. Aber Vorsicht: Die Aussagekraft des bloßen Nettogewinns ist begrenzt – hohe Nettogewinne heißen nämlich nicht, dass ein Geschäftsmodell rentabel ist. Was der Unterschied ist? Profitabel bedeutet, dass etwas Gewinn abwirft – rentabel, dass mit möglichst wenig eingesetztem Kapital möglichst viel erreicht wurde. Gerade für Investoren ist der Nettogewinn trotzdem relevant – er ist schließlich der Ausgangspunkt für die Dividende, die davon ausgeschüttet wird, sowie dem Gewinn je Aktie (EPS)

6. Gewinn je Aktie (EPS)

Den Gewinn je Aktie (Earnings per Share = EPS), bzw. das Ergebnis je Aktie, erhält man, indem man den Jahresüberschuss durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien teilt. Notiz am Rande, weil ich diese Frage öfter gehört habe: Das EPS und der Kurs einer Aktie sind ganz verschiedene Dinge. Das EPS gibt nur an, wie viel Gewinn das Unternehmen pro Aktie erzielt. Mit dem EPS lassen sich weitere Kennzahlen zur Bewertung von Aktien berechnen, wie beispielsweise das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Unterschieden wird dann noch zwischen dem verwässerten (diluted) und dem unverwässerten EPS. Das kommt dadurch zustande, dass sich die Anzahl der ausgegebenen Aktien im Berichtzeitraum ändern kann – z.B. durch Aktienrückkäufe oder Kapitalerhöhungen. Im verwässerten EPS wurde das berücksichtigt – oft fallen beide Kennzahlen allerdings gleich aus.

Vorquartal vs. Vorjahresquartal 

Falls Du neu in dem Thema bist, hilft Dir vielleicht diese kleine Randnotiz: In der Regel werden die Posten, wie Umsatz etc. mit dem VorJAHRESQuartal verglichen. Wenn also im Quartalsbericht davon die Rede ist, dass die Erlöse im vierten Quartal (Q4) um 30 Prozent gewachsen sind, dann heißt das: Die Erlöse sind im Vergleich zum vierten Quartal im Vorjahr um 30 Prozent gewachsen. Und warum wird das so gemacht? Das hat den Grund, dass viele Unternehmen eine gewisse Zyklik haben – einige Branchen haben zum Beispiel ein starkes Weihnachtsgeschäft, weshalb die Zahlen in Q4 deutlich stärker ausfallen als während des restlichen Jahres. Das VorJAHRESquartal ist nicht mit dem Vorquartal zu verwechseln – das Vorquartal von Q4 wäre nämlich Q3, bzw. das dritte Quartal desselben Jahres.

Was gilt als ein „gutes“ Wachstum von Umsatz, Ebitda und Co.?

Hm, gar nicht so einfach zu beantworten. Letztlich hängt es stark von der Branche, dem Unternehmen selbst und volkswirtschaftlichen Einflüssen ab, was als gesundes bzw. kräftiges Umsatzwachstum gilt. Es hilft, sich die vergangenen Geschäftsberichte durchzulesen und die Entwicklung genau anzuschauen. Und natürlich, wie es bei anderen Kandidaten aus derselben Branche aussieht. Wichtig ist auch, ob das Unternehmen seine eigenen Prognosen erfüllt hat – und ob es die Markterwartungen, also die Erwartungen von Analysten etc. erfüllt hat. Und genau auf die Gründe zu achten, warum es gut oder richtig mies lief.

Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV)

Die wichtigsten Kennzahlen hast Du jetzt schon besser kennengelernt. Gehen wir also einen Schritt weiter. Genau genommen sind Umsatz, Ebitda, Ebit, Ebt, Nettogewin und EPS eigentlich Zwischenergebnisse aus der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) des Unternehmens. Sie bildet das Herzstück eines jeden Geschäftsberichts. Dabei berechnet das Unternehmen in Staffelform, wie viel Gewinn vom Umsatz übrig geblieben ist, bzw. wie hoch der Verlust innerhalb einer Periode (Jahr/Quartal) ausgefallen ist.

Das klingt jetzt vielleicht auf den ersten Blick ein bisschen abstrakt und theoretisch – hier hast Du daher ein praktisches Beispiel, um es Dir besser vorzustellen. So sieht die GuV des deutschen Konzerns Siltronic aus:

Beispiel: GuV von Siltronic

Das Umsatzkostenverfahren vs. Gesamtkostenverfahren der GuV

Mag sein, dass Du theoretisch alles verstanden hast – das Blöde ist: In der Praxis wirst Du feststellen, dass die GuV bei jedem Unternehmen ein bisschen anders aussieht. Das hat drei Gründe. Erstens: Die Kennzahlen haben zahlreiche Synonyme. Zweitens: Nicht immer werden alle Zwischenergebnisse der GuV aufgeführt. Und drittens: Es gibt zwei verschiedene Verfahren, um eine GuV zu erstellen, das Umsatzkostenverfahren und das Gesamtkostenverfahren. Deshalb wollen wir im Folgenden beides ausführlich erklären. Denn die gute Nachricht ist: Sobald Du verstanden hast, nach welchem Schema die GuV nach beiden Verfahren funktioniert, wird alles viel einfacher 🙂

Unternehmen dürfen hierzulande frei wählen, welches von beiden sie wählen, um den Jahres- bzw. Quartalsüberschuss zu berechnen – der Gewinn unterm Strich ist in beiden Fällen derselbe, lediglich der Weg bis zum Betriebsergebnis (Ebit) ist anders.

Die GuV nach dem Gesamtkostenverfahren

Beim Gesamtkostenverfahren werden alle Erträge und Aufwendungen bzw. Kosten aufgeführt, die innerhalb einer Periode (Quartal/Jahr) angefallen sind – ganz egal, ob die hergestellten oder erbrachten Leistungen wirklich verkauft bzw. abgesetzt wurden. Die Aufwände werden einzeln nach Materialaufwand, Personalaufwand und Abschreibungen aufgeschlüsselt. Werden die vom Umsatz abgezogen, ergibt sich daraus die sogenannte Gesamtleistung, bzw. Konzerngesamtleistung. Zusätzlich werden Vermehrungen des Lagerbestands (z.B. durch unfertige oder halbfertige Produkte) in der GuV aufgeführt, sowie sogenannte aktivierte Eigenleistungen. Werden die vom Umsatz abgezogen, ergibt sich daraus die sogenannte Gesamtleistung, bzw. Konzerngesamtleistung. Subtrahiert man davon, noch den Materialaufwand, erhält man das sogenannte Rohergebnis. Darunter versteht man Anlagen, Gegenstände oder Erzeugnisse, die das Unternehmen zur eigenen Verwendung herstellt (z.B. Maschinen, Software etc.).

So sieht die GuV nach dem Gesamtkostenverfahren aus:

Umsatzerlöse
+/-Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen
+aktivierte Eigenleistungen (z.B. hergestellte Maschinen zur eigenen Verwendung)
+sonstige betriebliche Erträge
=Gesamtleistung*
-Materialaufwand
=Rohergebnis
-Personalaufwand
=Ebitda (Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization)
Ebitda-Marge in %
-Abschreibungen
-sonstige betriebliche Aufwendungen
=Ebit (Earnings before interest and taxes) = Betriebsergebnis = operatives Ergebnis
Ebit-Marge in %
+Finanzertrag (Erträge aus Beteiligungen, Wertpapieren, Zinserträge und ähnliches)
-Finanzaufwand (Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens, Zinsaufwand und ähnliches)
=Finanzergebnis = Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
-außerordentliche Erträge
-außerordentliche Aufwendungen
=Ebt (Earnings before taxes) = Vorsteuergewinn
+/-Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
=Ergebnis nach Steuern
-sonstige Steuern
=Periodengewinn = Jahres-/Quartalsüberschuss = Nettogewinn = Reingewinn
Nettomarge in % = Umsatzrentabilität
Ergebnis je Aktie = Gewinn je Aktie = EPS (Earnings per share)
+Gewinnvortrag aus dem Vorjahr
-Einstellungen in die Gewinnrücklagen
=Bilanzgewinn

Die GuV nach dem Umsatzkostenverfahren

Beim Umsatzkostenverfahren werden den Umsatzerlösen nur die Kosten gegenübergestellt, die durch die tatsächlich abgesetzten bzw. verkaufen Produkte und Dienstleistungen entstanden sind – Veränderungen im Lagerbestand werden daher nicht berücksichtigt. Die Kosten werden den Funktionsbereichen Fertigung, Vertrieb und Verwaltung zugeordnet. Im Gegensatz zum Gesamtkostenverfahren werden Material- und Personalkosten zwar mit einberechnet, aber in der GuV nicht extra aufgeführt (daher unterscheidet sich auch das Endergebnis, bzw. der Gewinn/Überschuss nicht). 

So sieht die GuV nach dem Umsatzkostenverfahren aus:

Umsatzerlöse
-Herstellkosten zur Erzielung der Umsatzerlöse = Umsatzkosten
=Bruttoergebnis vom Umsatz = Rohgewinn/Rohverlust*
Bruttomarge in %
-Vertriebskosten
-Verwaltungskosten
+Sonstige betriebliche Erträge
-Sonstige betriebliche Aufwendungen
=Ebitda (Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization)
Ebitda-Marge in %
-Abschreibungen + Firmenwertabschreibungen
=Ebit (Earnings before interest and taxes) = Betriebsergebnis = operative Gewinn
Ebit-Marge in %
+Finanzertrag (Erträge aus Beteiligungen, Wertpapieren, Zinserträge und ähnliches)
-Finanzaufwand (Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des Umlaufvermögens, Zinsaufwand und ähnliches)
=Finanzergebnis = Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
-außerordentliche Erträge
-außerordentliche Aufwendungen
=Ebt (Earnings before taxes) = Vorsteuergewinn
Ebt-Marge in %
+/-Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
=Ergebnis nach Steuern
-sonstige Steuern
=Periodengewinn = Jahres-/Quartalsüberschuss = Nettogewinn = Reingewinn
Nettomarge in % = Umsatzrentabilität
Ergebnis je Aktie = Gewinn je Aktie = EPS (Earnings per share)
+Gewinnvortrag aus dem Vorjahr
-Einstellungen in die Gewinnrücklagen
=Bilanzgewinn

Umsatzkostenverfahren oder Gesamtkostenverfahren – wer verwendet was?

Die Mehrheit der deutschen Unternehmen verwendet das Gesamtkostenverfahren, schließlich hat es einige große Vorteile: Da die Kosten (Material, Personal etc.) einzeln ausgewiesen werden, ergibt sich mitunter ein detaillierteres Bild davon, wo Einsparungen möglich sind. Zudem profitieren Produktionsunternehmen, die lange Fertigungsprozesse ausweisen, da auch unfertige Erzeugnisse in die Gesamtleistung miteinfließen. Hinzu kommt, dass sich der Ist-Zustand besser festhalten lässt. Der große Nachteil ist jedoch, dass für das Gesamtkostenverfahren eine umfangreiche Inventur nötig ist.

Das Umsatzkostenverfahren wirst Du bei allen US-amerikanischen Unternehmen finden, da es laut der dortigen Rechnungslegungsvorschrift US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) Pflicht ist. Du wirst vielleicht feststellen, dass einige US-Unternehmen zusätzlich Non-GAAP-Ergebnisse aufführen. Das hat den Grund, dass der tatsächliche Geschäftsverlauf besser erkennbar ist, da außerordentliche Ereignisse wie Übernahmen oder Umstrukturierungen nicht berücksichtigt werden. Aber Vorsicht: Verluste lassen sich damit ebenso schönrechnen. Das Umsatzkostenverfahren wird im Übrigen auch in den International Financial Reporting Standards (IFRS) vorgezogen, ein Vorschriftswerk zur Rechnungslegung, das in etwa 110 Ländern verwendet wird.

Die Bilanz eines Unternehmens

Geschäftsberichte zum Abschluss eines Quartals erhalten in der Regel nicht nur eine Gewinn- und Verlustrechnung, sondern auch eine verkürzte Bilanz. Das musst Du darüber wissen:

Was ist eine Bilanz und wie ist sie gegliedert?

Eine Bilanz ist sozusagen eine Ist-Aufnahme der Vermögens- und Schuldensituation eines Unternehmens. Dafür stellt es seine Vermögensgegenstände (Aktiva) sowie deren Finanzierung (Passiva) zu einem bestimmten Stichtag, dem sogenannten Bilanzstichtag, gegenüber. Die Summe (Bilanzsumme) der Aktiva-Seite und die der Passiva-Seite entsprechen sich daher.

Was gehört in eine Bilanz?

Vereinfacht sieht eine Bilanz so aus:

AktivaPassiva
1. AnlagevermögenImmaterielle Vermögensgegenstände1. Eigenkapitalgezeichnetes Kapital
SachanlagenKaptialrücklage
FinanzanlagenGewinnrücklage
2. UmlaufvermögenVorräteGewinn-/Verlustvortrag
ForderungenJahresüberschuss/ Jahresfehlbetrag (berechnet mit Hilfskonto GuV)
Wertpapiere 2. FremdkapitalRückstellungen (z.B. für Steuer, Pensionen)
Verbindlichkeiten
3. Aktive Rechnungsabgrenzungsposten3. Passive Rechnungsabgrenzungsposten
Summe AktivaSumme Passiva

Die Aktiva-Seite

Erklären wir erst einmal die Aktiva-Seite, die die Vermögensgegenstände eines Unternehmens aufführt:

Das Anlagevermögen umfasst alle Vermögensgegenstände, die für den dauernden Gebrauch bestimmt sind und die langfristig an das Unternehmen gebunden sind. Dazu gehören immaterielle Vermögensgegenstände wie Patente, Urheberrechte oder Lizenzen, Sachanlagen, also beispielsweise Maschinen oder Fahrzeuge und Finanzanlagen wie Beteiligungen an anderen Firmen oder Wertpapiere, die als Daueranlage dienen.

Unter das Umlaufvermögen fallen hingegen alle Vermögensgegenstände, die nur kurzfristig im Besitz des Unternehmens verbleiben – etwa weil sie für den Verkauf, die Verarbeitung oder Rückzahlungen verwendet werden. Dazu gehören Vorräte, also Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie fertige und unfertige Erzeugnisse, bestehende Forderungen und kurzfristige/zur Veräußerung gedachte Wertpapiere.

Die Passiva-Seite

Und das musst Du zur Passiva-Seite wissen, die die Finanzierungssituation eines Unternehmens beschreibt:

Das Eigenkapital ist das Kapital, dass die Inhaber oder Eigentümer mitgebracht haben. Es lässt sich in zwei Bestandteile aufteilen: Die Posten, die den Eigentümern tatsächlich gehören (gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklagen) sowie den Posten, die das Unternehmen aus eigener Kraft erwirtschaftet hat (Gewinnrücklage, Gewinn-/Verlustvortrag, Jahresüberschuss). 

Gezeichnetes Kapital: Das Grundkapital, das die Eigentümer bei der Gründung gegeben haben sowie spätere Kapitalerhöhungen – für dieses Kapital haften sie im Falle einer Insolvenz in voller Höhe.

Kapitalrücklagen: Finanzielle Reserven, die die Eigentümer für das Unternehmen bilden – sie sind gesetzlich dazu verpflichtet.

Gewinnrücklagen: Finanzielle Reserven, die aus den Gewinnen eines Unternehmens einbehalten werden.

Gewinn-/Verlustvortrag: Der Anteil des Gewinns aus der Vorperiode (z.B. Vorjahr), der übrig bleibt, nachdem der Gewinn verwendet wurde. Wurde ein Verlust erzielt, wird auch der an dieser Stelle in der Bilanz verbucht.

Der Jahresüberschuss-/fehlbetrag: Der Gewinn, der sich im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ergibt.

Das Fremdkapital hingegen ist dem Unternehmen von außen zugeflossen. Es gehört eigentlich den Kapitalgebern oder steht bestimmten Personen/Instanzen in der Zukunft zu. Zum Fremdkapital zählen zwei Posten: Verbindlichkeiten (alias Schulen), zum Beispiel Bankkredite, unbezahlte Rechnungen aus Lieferungen und Leistungen und Rückstellungen, darunter fallen zum Beispiel Steuerrückstellungen oder Rückstellungen für die Altersvorsorge von Arbeitnehmern,

Rechnungsabgrenzungsposten dienen dazu, Buchungsvorgänge abzugrenzen, bei denen Ausgaben und Einnahmen in unterschiedliche Perioden fallen (z.B. für Zahlungen, die vor dem Bilanzstichtag für einen Zeitraum nach besagtem Stichtag vorgenommen werden).

Was ist der Unterschied zwischen Bilanz und GuV?

Die GuV wird dafür verwendet, um den Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag zu berechnen. Wie Du oben in der Übersicht siehst, ist dieser Jahresüberschuss ein Teil des Eigenkapitals, das auf der Passiva-Seite der Bilanz ausgewiesen wird – die GuV ist also so etwas wie ein Hilfskonto für diesen Jahresüberschuss.

Kennzahlenanalyse – Bilanzanalyse in drei Schritten

So, meine Lieben, jetzt geht es ans Eingemachte! Interessant werden GuV und Bilanz nämlich vor allem, wenn man sie dazu benutzt, geeignete Aktieninvestments auszuwählen. Um die Bilanz zu analysieren, werden verschiedene Größen der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung miteinander ins Verhältnis gesetzt. Dadurch lassen sich Schlüsse zur Rentabilität (A), der Kapitalstruktur bzw. dem langfristigen Insolvenzrisiko (B) sowie der Liquidität (C) ziehen. Wie das genau geht und welche Kennzahlen zu was gehören, erfährst Du im Folgenden.

Für alle Kennzahlen gilt: Du solltest sie nie isoliert, sondern in ihrer Gesamtheit betrachten – wichtig ist außerdem, wie sie sich mit der Zeit entwickelt haben. Und: An der ein oder anderen Stelle wirst Du in diesem Artikel einen ungefähren Durchschnitts- oder Richtwert dazu finden, was ein „guter Wert“ ist. Die Sache ist aber: Wie die Kennzahlen ausfallen, hängt von der jeweiligen Branche ab – daher kannst Du Dir erst im Vergleich verschiedener Unternehmen aus dem gleichen Sektor tatsächliche ein Bild von solchen „Richtwerten“ machen.

A. Schritt 1: Die Rentabilitätsanalyse

Die Rentabilitätsanalyse zielt darauf ab, zu sehen, wie sehr sich das eingesetzte Kapital „rentiert“ hat. Salopp gesagt beantwortet sie die Fragen: Hat sich der ganze Aufwand gelohnt? Übrigens: Rentabel ist nicht dasselbe wie profitabel. Profitabel ist, was Gewinn bzw. Profit bringt. Besonders rentabel ist etwas erst, wenn es mit möglichst wenig Einsatz einen möglichst großen Gewinn bringt.

Die Rentabilitätsanalyse besteht aus zwei Teilen, der Margenanalyse und der Analyse der Renditen. Diese Kennzahlen musst Du dafür kennen:

I. Margenanalyse

Bevor wir uns jetzt in die Welt der Margen eintauchen, klären wir einmal kurz die Basics. Auch wenn Margen oft als „Spannen“ bezeichnet werden, beschreiben sie in unserem Fall nicht, wie sehr sich Gewinn und andere Kennzahlen innerhalb eines Zeitraums verändert haben. Margen in der Bilanz sagen aus, welcher (prozentuale) Anteil vom Umsatz bei diesen Größen hängen bleibt. Im Grunde berechnen sie sich so:

Marge = Zwischenergebnis der GuV/Umsatz  * 100

Einige unsere Margen-Kennzahlen werden oft in der GuV mit angegeben – weiter oben kannst Du noch einmal spicken, wie das genau aussieht 🙂 Diese Margen solltest Du kennen:

Ebitda-Marge

Ebitda-Marge = Ebitda/Umsatz  * 100

Die Ebitda-Marge zeigt, wie viel Prozent des Umsatzes auf das Ebitda, also den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, entfallen. Eine Ebitda-Marge von zehn Prozent würde beispielsweise bedeuten, dass von jedem Euro Umsatz noch zehn Cent beim Ebitda verbleiben (10 % von 10 €) Gewinn. Ziel ist stets eine möglichst hohe Marge – das deutet darauf hin, dass die Kosten im Vergleich zum Umsatz relativ niedrig sind. Kleine Erinnerung: Das Ebitda ist eines der ersten Zwischenergebnisse der GuV, nachdem die Kosten vom Umsatz abgezogen wurden. Nach dem Gesamtkostenverfahren erhält man das Ebitda, indem man (unter anderem) Kosten für Material und Personal von den Umsatzerlösen subtrahiert. Im Umsatzkostenverfahren ergibt sich das Ebitda, indem man von diesen Umsatzerlösen Kosten für die Herstellung, Verwaltung und den Vertrieb subtrahiert. Ergo: Je geringer die Kosten, desto höher das Ebitda. Und je mehr vom anfänglichen Umsatz schon an dieser Stelle der GuV hängen geblieben ist, desto besser.

Ebit-Marge

Ebit-Marge = Ebit/Umsatz  * 100

Kleine Erinnerung: Das Ebit (Earnings before interest and taxes = der Gewinn vor Zinsen und Steuern) wird auch als operatives Ergebnis bezeichnet. Es sagt aus, wie viel ein Unternehmen mit seinem Kerngeschäft verdient. Die Ebit-Marge wiederum gibt an, wie viel Prozent der Umsatzerlöse bis zu diesem operativen Ergebnis durchsickern – sie wird daher auch als operative Marge bezeichnet. Die Ebit-Marge eignet sich besonders, um die Ertragskraft von Unternehmen aus derselben Branche in unterschiedlichen Ländern miteinander zu vergleichen, da die nationalen Steuer- und Finanzierungsbedingungen bei der Berechnung des Ebit noch keine Rolle spielen. Was als gesunde Ebit-Marge gilt, hängt wie immer von der jeweiligen Branche ab – in vielen davon gelten etwa 15 Prozent als „rentabel“.

Bruttospanne = Bruttomarge

Bruttomarge = Bruttoergebnis vom Umsatz/Umsatz  * 100

Das Bruttoergebnis vom Umsatz ist das erste Zwischenergebnis, wenn die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkostenverfahren erstellt wird – mit dem Gesamtkostenverfahren lässt sich diese Kennzahl nicht berechnen. Die Bruttospanne gibt an, wie viel von den Umsatzerlösen noch übrig bleibt, nachdem die Herstellungskosten abgezogen wurden. Eine hohe Bruttomarge kann demnach zwei Ursachen haben. Erstens: Dem Unternehmen gelingt es, auf dem Markt hohe Preise durchzusetzen. Zweitens: Dem Unternehmen gelingt es, die Herstellkosten gering zu halten. Stimmt das Verhältnis aus beidem, ist das ein guter Hinweis auf die Rentabilität des Unternehmens. Wie immer gilt: Wirklich aussagekräftig wird die Bruttospanne erst innerhalb einer Branche. Automobilkonzerne beispielsweise weisen durch die hohen Produktionskosten tendenziell niedrigere Bruttomargen aus.

Nettomarge = Umsatzrentabilität

Bruttomarge = Jahresüberschuss/Umsatz  * 100 = Nettogewinn/Umsatz  * 100

Die Nettomarge gibt an, wie viel Prozent des Umsatzes auf den Nettogewinn (=Jahresüberschuss) entfallen. Eine Nettomarge von 50 Prozent würde bedeuten, dass ein Unternehmen 50 Prozent seines Umsatzes in Gewinn umwandelt. Im Umkehrschluss lässt sich an ihr damit auch ablesen, welcher Anteil des Umsatzes nicht für die Deckung der Kosten benötigt wird. Damit ist die Nettomarge ein wichtiger Indikator für die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens. Denn: Stell Dir vor, Firma XY erzielt im Jahr einen Umsatz von 100 Milliarden Euro, die Nettomarge liegt aber nur bei zwei Prozent. Das wäre ziemlich wenig – das bedeutet nämlich, dass für jeden Euro Umsatz gerade einmal zwei Euro Gewinn erzielt werden. Das „rentiert“ sich nicht wirklich, oder?

II. Analyse der Renditen

Kommen wir zum zweiten Teil der Rentabilitätsanalyse, der Überprüfung der Renditen. Bei der Margenanalyse haben wir untersucht, wie viel Prozent des Umsatzes bei den verschiedenen Gewinngrößen bzw. Zwischenergebnissen er GuV verblieben sind. Nun wollen wir sehen, ob sich das Kapital, das das Unternehmen aufgebracht hat, um diesen Gewinn zu erzielen, „rentiert“ hat. Sprich, wir schauen uns an, wie das Verhältnis zwischen Gewinn und eingesetztem Kapital ist, beziehungsweise „wie sehr sich das Kapital verzinst hat“. Für die Renditeanalyse sind zwei Kennzahlen zentral: Die Eigenkapitalrendite und die Gesamtkapitalrendite, von denen sich alle weiteren Renditekennzahlen ableiten.

Eigenkapitalrendite (ROE)

Eigenkapitalrendite (ROE) = Jahresüberschuss/Eigenkapital  * 100 = Gewinn/Eigenkapital  * 100

Die Eigenkapitalrendite, auch Return on Equity (ROE) genannt, gibt an, wie viel Prozent das eingesetzte Eigenkapital zum Gewinn beigetragen hat. Im Grunde gilt: Je höher dieses Verhältnis ausfällt, desto besser. Und was gilt als eine „gute Eigenkapitalrentabilität“? Im Schnitt liegt sie bei den meisten Unternehmen zwischen 10 und 20 Prozent. Aber Achtung: Eine besonders hohes ROE ist zwar grundsätzlich wünschenswert, ergibt sich aber auch, wenn ein Unternehmen viel Fremdkapital einsetzt. Eine zu niedrige Eigenkapitalrentabilität hingegen deutet unter Umständen auf eine hohe Eigenkapitalquote hin – sie muss also nicht zwingend etwas Negatives bedeuten. Aufschlussreich ist es daher, zu prüfen, ob die Eigenkapitalrentabilität mit der Zeit gewachsen ist. Wie das ROE ausfällt, hängt zudem – wie immer – stark von der Branche ab.

Gesamtkapitalrendite (ROA)

Gesamtkapitalrendite (ROA) = (Gewinn + Fremdkapitalzinsen)/Gesamtkapital  * 100

Wenn Du verstanden hast, was die Eigenkapitalrendite ist, dann dürftest Du Dir bereits denken, was es mit der Gesamtkapitalrendite, auch Return on Assets (ROA), auf sich hat. Diese Kennzahl zeigt, wie effizient ein Unternehmen sein Gesamtkapital, also sein Eigenkapital und Fremdkapital eingesetzt hat. Übrigens: Das Gesamtkapital ist identisch mit der Bilanzsumme. Für Verwirrung sorgt oft, dass im Zähler zum Gewinn die Fremdkapitalzinsen dazu addiert und nicht abgezogen werden. Vielleicht bringt folgende Erklärung Licht ins Dunkel: Die Gesamtkapitalrendite gibt an, wie sehr sich das eingesetzte Kapital für Eigenkapitalgeber UND Fremdkapitalgeber gelohnt hat. Der Gewinn ist schließlich die Vergütung, alias Verzinsung für den Eigenkapitalgeber – die Fremdkapitalzinsen die Vergütung für den Fremdkapitalgeber. Trotzdem sollte die Gesamtkapitalrendite größer sein als der Zins für das Fremdkapital. In vielen Fällen liegt sie übrigens zwischen 10 und 15 %.

Kleiner Exkurs: Der Leverage-Effekt

Mit der Eigenkapitalrendite solltest Du ein wenig vorsichtig sein – es ist nämlich möglich, dass sich durch die Aufnahme weiteren Fremdkapitals eine höhere Eigenkapitalrendite ergibt. Das nennt man auch Leverage-Effekt oder zu Deutsch, Hebeleffekt. Ok, und wie soll das jetzt bitte funktionieren? Stell Dir vor, die Gesamtrendite eines Projekts beträgt 8%. Nimmst Du einen Kredit oder ein Darlehen auf, würde Dich das 3 % kosten. Da lohnt es sich, für dieses Projekt mehr Fremdkapital aufzunehmen. Da Du nun auch weniger Eigenkapital brauchst, wird dieses effizienter eingesetzt, was die Eigenkapitalrendite erhöht. Das siehst Du auch an der Formel (Eigenkapitalrendite = Gewinn/Eigenkapital). Weniger Eigenkapital bedeutet, der Nenner wird kleiner, ergo verbessert sich die Eigenkapitalrendite. Da diese Verzerrung bei der Gesamtkapitalrentabilität allerdings nicht vorkommt, ist sie etwas aussagekräftiger.

Zwei Variationen der Kapitalrendite-Kennzahlen sind der Return on Investment (ROI) und der Return on Capital Employed (ROCE). Da Du auf beide öfter stoßen wirst, wollen wir sie im Folgenden kurz erklären.

Return on Investment (ROI)

Return on Investment (ROI) = Umsatzrentabilität * Kapitalumschlag * 100 = (Gewinn/Umsatz) * (Umsatz/Gesamtkapital) *100

Return on Investment (ROI) = Gewinn/Gesamtkapital * 100

Der Return on Investment (ROI) zeigt, wie sehr sich das eingesetzte Gesamtkapital rentiert hat, um den Nettogewinn zu erzielen. Dazu wird die Umsatzrentabilität (=Nettomarge), die zeigt, wie viel Gewinn noch vom Umsatz hängen bleibt, mit dem sogenannten Kapitalumschlag multipliziert. Letzterer sagt aus, wie viel Umsatz das Unternehmen mit jedem eingesetzten Euro erzielt. Läge der Kapitalumschlag bei zwei, hieße das, dass für jeden investierten Euro zwei Euro Umsatz rausspringen. Im Normalfall liegt der Kapitalumschlag aber deutlich unter eins.

Return on Capital Employed (ROCE)

Return on Capital Employed (ROCE) =  Ebit/Capital Employed

Während Du das operative Ergebnis der GuV entnehmen kannst, lässt sich das Capital Employed aus der Bilanz berechnen. Und zwar so:

Capital Employed = Anlagevermögen + Working Capital = Anlagevermögen + (Forderungen + Vorräte – kurzfristige Verbindlichkeiten)

Das Capital Employed meint also das Kapital, das zur Erbringung der betrieblichen Leistung nötig ist (Kleiner Hinweis: Es gibt zahlreiche verschiedene Formeln, um auf das Capital Employed zu kommen). Die Kennzahl ROCE misst, wie effizient das eingesetzte Kapital war und damit, ob sich dieses eingesetzte Kapital „gelohnt“ hat, um das operative Ergebnis (Ebit) zu erzielen. Generell gilt: Je höher das Roce, desto besser. Aber das Roce hat einen Nachteil: Der Kassenbestand, also die Zahlungsmittel, die ein Unternehmen zum Bilanzstichtag zur Verfügung haben, sind Teil des Anlagevermögens. Dieser Kassenbestand ist Teil des Anlagevermögens (siehe Aktivaseite der Bilanz), fließt also in die Berechnung des Capital Employed mit ein, wurde aber nicht unbedingt für das operative Geschäft eingesetzt. Ein hoher Kassenbestand verfälscht daher unter Umständen das ROCE – das Du Dir so oder so immer im Kontext der anderen Bilanzkennzahlen ansehen solltest.

B. Schritt 2: Die Analyse der Kapitalstruktur

Kommen wir zum zweiten Teil dieses kleinen Anfängerkurses zum Thema Bilanzen, der Kapitalstruktur. Sie gibt Auskunft über die Finanzierung des Unternehmens, beziehungsweise das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital und ist somit ein erster Anhaltspunkt, um das Insolvenzrisiko zu beurteilen. Aber Achtung: Sie macht noch keine Aussage darüber, ob das Unternehmen dazu in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen – dazu dient die Liquiditätsanalyse, die wir im dritten Schritt (siehe unten) behandeln werden.

Das sind die wichtigsten Kennzahlen der Kapitalstruktur:

Der Verschuldungsgrad

Verschuldungsgrad = Fremdkapital/Eigenkapital

Der Verschuldungsgrad zeigt die Relation zwischen Verbindlichkeiten und Eigenkapital an. Je höher der Verschuldungsgrad ausfällt, desto wahrscheinlicher wird es, dass ein Unternehmen in finanzielle Engpässe gerät. Und wie hoch sollte dieser Verschuldungsgrad maximal sein? In der Praxis hat sich eine grobe Regel etabliert, die besagt, dass das Verhältnis zwischen Fremd- und Eigenkapital etwa 2:1 betragen sollte. Welcher Wert akzeptable ist, hängt wieder von der Branche ab – für Banken beispielsweise ist ein Verschuldungsgrad von 90 Prozent nicht außergewöhnlich.

Die Eigenkapitalquote

Eigenkapitalquote = Eigenkapital/Gesamtkapital *100 = Eigenkapital/Bilanzsumme * 100

Die Eigenkapitalquote zeigt an, wie viel Prozent des Gesamtkapitals (= Bilanzsumme/Summe aller Passiva/Summe aller Aktive) auf das Eigenkapital entfallen. Eine hohe Eigenkapitalquote ist ein gutes Zeichen für die Kreditwürdigkeit und die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens. Oft wird ein guter Richtwert für die Eigenkapitalquote bei 30 Prozent angegeben – wie immer gilt an dieser Stelle aber das Schlusswort: Die Kennzahl ist nur bei Vergleichen innerhalb einer Branche aussagekräftig.

Die Fremdkapitalquote

Fremdkapitalquote = Fremdkapital/Gesamtkapital *100 = Fremdkapital/Bilanzsumme * 100

Die Fremdkapitalquote beschreibt das Verhältnis zwischen Fremdkapital und Gesamtkapital. Im Gegensatz zur Eigenkapitalquote sollte die Fremdkapitalquote möglichst niedrig ausfallen – je höher sie nämlich ist, desto abhängiger ist das Unternehmen von externen Fremdkapitalgebern. Das schränkt nicht nur die finanzielle Flexiblität ein, sondern sorgt auch dafür, dass neue Kredite teurer werden.

C. Schritt 3: Liquiditätsanalyse

Natürlich spielt es nicht nur eine Rolle, wie sehr sich das Geschäftsmodell eines Unternehmens rentiert, sondern auch, wie zahlungsfähig ein Unternehmen ist – daher konzentrieren wir uns in diesem zweiten Teil der Kennzahlenanalyse darauf, die Liquidität eines Unternehmens einzuschätzen.

I. Cashflowanalyse

Beginnen wir mit dem Cashflow. Er spiegelt die Finanzkraft eines Unternehmens wider und ist daher eine guter ergänzender Indikator zur wirtschaftlichen Gesundheit eines Unternehmens. Cashflow ist allerdings nicht gleich Cashflow, wie Du gleich sehen wirst.

Operativer Cashflow

Damit sind die liquiden Zahlungsmittel gemeint, die aus dem operativen Geschäft erwirtschaftet werden. Gut ist es an dieser Stelle schon einmal, wenn das Vorzeichen positiv ist – das bedeutet, dem Unternehmen stehen Mittel zur Verfügung, um Kredite zu tilgen oder Investitionen zu tätigen. Zusätzlich ist es wichtig, sich das Verhältnis zwischen Gewinn und operativem Cashflow genau anzusehen – gehen beide Größen dauerhaft sehr weit auseinander, bedeutet das unter Umständen, dass das Unternehmen Schwierigkeiten damit hat, Zahlungen einzutreiben.

Cashflow aus Investitionstätigkeit

Diese Art des Cashflows gibt an, in welcher Höhe Investitionen (Akquisitionen, Käufe von Anlagen etc.) bzw. Desinvestitionen (z.B. Veräußerung von Maschinen oder anderen Vermögensgegenständen) durchgeführt wurden. In den meisten Fällen wird der Cashflow aus Investitionstätigkeit negativ sein, da Unternehmen tendenziell mehr investieren als deinvestieren.

Free Cashflow

Der Free Cashflow ergibt sich aus der Summe (oder Differenz) von operativem Cashflow und dem Cashflow aus Investitionstätigkeit. „Frei“ ist er deswegen, da er dem Unternehmen frei zur Verfügung steht – um Dividenden auszuschütten oder Aktien zurückzukaufen. Weist ein Unternehmen über eine Zeit hinweg konstant einen hohen Free Cashflow aus, ist das in Hinweis auf eine stabile Zahlungsfähigkeit. Ein weiterer Vorteil: Es ist fast nicht möglich, den Free Cashflow schönzurechnen.

Übrigens: In der Bilanz selbst wirst Du den (Free) Cashflow nicht finden – er ergibt sich aber aus verschiedenen Größen daraus. Dafür gibt es verschiedene Methoden – eine davon ist es, vom Jahresüberschuss (siehe Passiva-Seite der Bilanz) alle Posten herauszurechnen, die nicht wirklich als liquide Mittel vorliegen. Darunter fallen zum Beispiel Abschreibungen oder Rückstellungen. Natürlich ist das in der Praxis wesentlich komplizierter – allerdings gibt ein Großteil der Unternehmen seinen Free Cashflow sowie dessen Veränderung an einer Stelle in ihren Quartals- oder Jahresberichten an. Deswegen wollen wir hier nicht weiter darauf eingehen.

Free-Cashflow-Marge

Free-Cashflow-Marge = Free Cashflow/Umsatz *100

Die Free Cashflow Marge ist eine gute Ergänzung, um die Liquiditätssituation sowie die Profitabilität eines Unternehmens zu bewerten. Sie zeigt, wie viel Prozent der Umsatzerlöse als Zahlungsmittelüberschuss, alias Free Cashflow durchsickert. Aufschlussreich wird diese Marge erst, wenn Du sie über den Zeitverlauf hinweg betrachtest. Wird in einem Jahr zum Beispiel eine hohe Investition getätigt, rutscht diese Kennzahl schnell ins Negative – sorgt aber im Idealfall dafür, dass danach wieder mehr Cash fließt. In der Regel versuchen Unternehmen, eine Marge in einer Spanne zwischen 5 und 30 Prozent zu erzielen. Es gilt aber das übliche Schlusswort: Es kommt auf die Branch an. 

II. Statische Liquiditätsanalyse

Neben der Cashflowanalyse gibt es Kennzahlen, an denen sich die kurzfristige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens ablesen lässt – wie immer werden sie allerdings erst im Vergleich innerhalb einer Branche aussagekräftig. Für diese statische Liquiditätsanalyse werden drei sogenannte Liquiditätsgrade untersucht.

Die Liquiditätsgrade

Um die sogenannten Liquiditätsgrade zu berechnen, werden Posten des Umlaufvermögens (Aktiva-Seite der Bilanz, siehe oben) mit den kurzfristigen Verbindlichkeiten (in der Passiva-Seite der Bilanz) in Relation gestellt. Das Umlaufvermögen setzt sich aus Vermögenswerten zusammen, die in der Regel innerhalb eines Jahres liquidiert werden können. Kurzfristige Verbindlichkeiten zeichnen sich ebenfalls dadurch aus, dass sie im selben Zeitraum beglichen werden sollten. Die Liquiditätsgrade geben also an, ob ein Unternehmen in der Lage ist, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten durch seine liquiden Mittel zu decken. Dabei gibt es in der Betriebswirtschaft drei Liquiditätsgrade:

Liquidität 1. Grades (Cash Ratio) = Zahlungsmittel und Wertpapiere des UV/kurzfristige Schulden

Liquidität 2. Grades (Quick Ratio) = Zahlungsmittel und Wertpapiere des UV + Forderungen aus Lieferungen und Leistungen/kurzfristige Schulden

Liquidität 3. Grades (Current Ratio) = Umlaufvermögen/kurzfristige Schulden

Eine Liquidität 3. Grades > 1 deutet darauf hin, dass ein Unternehmen jederzeit in der Lage ist, seine kurzfristigen Schulden zu decken.

Zinsdeckungsgrad

Zinsdeckungsgrad = Ebit/Zinslast

Der Zinsdeckungsgrad zeigt an, wie sehr ein Unternehmen in der Lage ist, seine Zinsen (für Kredite, Darlehen etc.) aus dem operativen Geschäft zu bedienen. Fällt der Zinsdeckungsgrad sehr niedrig aus, bedeutet das, dass die Firma einer hohen Zinslast ausgesetzt ist. Anders ausgedrückt: Der Zinsdeckungsgrad gibt an, wie oft ein Unternehmen diesen Aufwand aus dem Ebit begleichen könnte. Pi mal Daumen gilt: über 10 fantastisch, unter 2,5 ganz schlecht. Aber wie immer gilt: Die Kennzahl variiert von Branche zu Branche.

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